Dr. Karen Zoufal
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12.04.2021
Schmerzen werden bei Frauen häufig für weniger intensiv gehalten als bei Männern, selbst wenn sie gleich stark sind. Das könnte sich auch auf die Behandlung auswirken: Bei Frauen wird oft eher eine Psychotherapie für geeignet gehalten, während von Männern angenommen wird, dass Schmerzmittel die beste Lösung sind.
Schmerzreaktionen eines Patienten werden je nach Geschlecht von Außenstehenden unterschiedlich wahrgenommen: Betrachter von Videos, in denen Patientinnen und Patienten mit Schultererkrankungen Übungen ausführten, waren der Meinung, dass die Frauen weniger Schmerzen hatten als die Männer – obwohl die Patienten auf einer Skala die gleiche Schmerzintensität angegeben hatten und sich der Schmerz auch gleichermaßen in den Gesichtsausdrücken zeigte.
Die Forscher gehen davon aus, dass dies mit einem geschlechtsspezifischen Klischee zum Schmerz zu erklären ist: „Wenn die Klischeevorstellung ist, dass Frauen ausdrucksstärker als Männer sind, vielleicht sogar ‚übermäßig‘ ausdrucksstark, dann besteht die Tendenz, das Schmerzverhalten von Frauen zu ignorieren. Die Kehrseite dieser Vorstellung ist, dass Männer als unerschütterlich wahrgenommen werden. Wenn ein Mann einen Gesichtsausdruck mit starken Schmerzen macht, denken Sie: ‚Oh mein Gott, er muss sterben!‘“, erläuterte Studienautorin Prof. Elizabeth Losin von der Universität Miami.
So wurde auch eine Psychotherapie bei Frauen häufiger als beste Behandlung eingeschätzt, während bei männlichen Patienten eher Medikamente gewählt wurden. Das Geschlecht der Beobachter hatte darauf im Übrigen keinen Einfluss: Sowohl Männer als auch Frauen schätzten den Schmerz bei weiblichen Patientinnen als geringer ein. Die Studie wurde im „Journal of Pain“ veröffentlicht.
Quelle: 10.1016/j.jpain.2021.03.001