Apotheke: Persönlicher Kontakt für Analphabeten essenziell

21.11.2016

Viele Menschen brauchen den persönlichen Kontakt zu ihrem Apotheker – zum Beispiel, wenn sie nicht lesen und schreiben können. In Deutschland sind 7,5 Millionen Erwachsene funktionale Analphabeten. Das bedeutet, dass sie einzelne Wörter oder kurze Sätze lesen können, aber große Probleme mit dem Erfassen längerer Formulierungen oder ganzer Texte haben. „Auch wer nicht gut lesen kann, braucht Informationen zu seinen Medikamenten. Diese Menschen fängt die persönliche Beratung in der Apotheke auf“, sagt Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.
Gerade für Menschen, Probleme mit der deutschen Sprache haben, ist der persönliche Kontakt zum Apotheker wichtig. image.originalResource.properties.copyright

Wer nicht lesen und schreiben kann, weiß oft nicht, für welche Krankheiten die Medikamente verordnet wurden. Die Gefahr von Verwechslung und falscher Dosierung ist bei mehreren Packungen enorm. Der Beipackzettel ist bei geringer Lesekompetenz unverständlich und schlicht wertlos, ebenso ein Medikationsplan. Die wohnortnahen Apotheken kümmern sich heute um alle Patienten, unabhängig von Sprachbarrieren und sozialem Status. „Es zeichnet unser solidarisches Gesundheitswesen aus, dass gerade sozial Benachteiligte die nötige Unterstützung erfahren und Zugang zu allen notwendigen Leistungen haben. Das geht oft nur, wenn man die Menschen dort betreut, wo sie leben. Auch deshalb braucht es die Apotheke vor Ort", sagt Schmidt.

Schmidt verwies in diesem Zusammenhang erneut auf die Gefahren, die aus der jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (aponet.de berichtete) entstehen können: „Wenn der Versandhandel mit Rezept-Arzneimitteln nicht verboten wird, bekommen wir hier einen ruinösen Preiswettbewerb, dem mittelfristig viele Apotheken vor Ort zum Opfer fallen werden. Den Verlust werden besonders die Menschen schmerzlich spüren, die Hilfe vor Ort brauchen. Und dazu gehören auch die 7,5 Millionen Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können“, sagt Schmidt. „Die Qualität und Menschenwürdigkeit eines Gesundheitswesens zeigen sich daran, wie es mit den Schwächsten umgeht.“ Nicht nur Migranten sind betroffen: Mehr als die Hälfte der funktionalen Analphabeten sind deutsche Muttersprachler. Rechnet man Zuwanderer ohne ausreichende Deutschkenntnisse hinzu, liegt die Zahl der Betroffenen noch höher.

ABDA