Die Schattenseite der Medikamenten-Rabatte

Dr. Karen Zoufal | 19.02.2021

In vielen europäischen Ländern gibt es – oft vertrauliche – Rabattverhandlungen zwischen Behörden und Medikamentenherstellern. Das soll einen besseren Zugang zu teuren und innovativen Medikamenten ermöglichen, etwa zur Krebstherapie. In der Schweiz, einem der letzten Länder mit transparenten Rabatten, zeigt sich jedoch, dass genau das Gegenteil der Fall sein kann.
Rabattmodelle für Medikamente haben auch eine Kehrseite, wie eine aktuelle Studie zeigt. image.originalResource.properties.copyright

Rabattmodelle sollen die Preise für Arzneimittel in einem erträglichen Rahmen halten und Kosten eindämmen. Wissenschaftler aus Zürich haben solche Rabatte und ihre Folgen genauer untersucht und festgestellt, dass sie nicht immer für besonders teure und innovative Medikamente mit hohem klinischem Nutzen verwendet werden.

Zwischen Januar 2012 und Oktober 2020 wurde für 51 in der Schweiz neu eingeführte Arzneimittel ein Rabatt vereinbart. Mehr als die Hälfte davon waren Krebsmedikamente (63 Prozent). 15 Medikamente (29 Prozent) hatten einen hohen klinischen Nutzen, 25 (49 Prozent) einen geringen, und bei 11 (22 Prozent) war er nicht zu ermitteln. Im Verlauf der letzten Jahre hatten die Rabatte deutlich zugenommen.

Bei den rabattierten Medikamenten handelte es sich nicht unbedingt um hochpreisige Produkte: Der Monatspreis für eine Therapie reichte von 3.000 bis 35.000 Franken, und die Preisreduktion betrug 4 bis 58 Prozent. Zwischen der Zulassung und der Preisfestlegung lagen im Median 302 Tage – ohne Rabatt waren es nur 106 Tage.

„Unsere Studienergebnisse zeigen, dass Medikamente, denen ein Rabatt gewährt wird, den Zugang für Patienten beeinträchtigen können – auch weil solche Rabattsysteme zumindest mittelfristig zu steigenden Arzneimittelpreisen führen können“, erklärte Prof. Kerstin N. Vokinger von der Universität Zürich. Geheim gehaltene Rabatte führen nämlich dazu, dass es offiziell einen höheren Preis gibt, der durch einen geheim gehaltenen Rabatt tatsächlich geringer ausfällt. Da bei der Preisfestsetzung der Vergleich mit dem Ausland ein wichtiges Kriterium ist, könnte der offiziell genannte höhere Preis die Arzneimittelpreise generell in die Höhe treiben.

Quelle: 10.1016/j.lanepe.2021.100050