Genies: kreativer durch undichten Reizfilter

05.03.2015

Tagtäglich werden wir mit Geräuschen und anderen Sinneseindrücken bombardiert. Während die meisten von uns dabei unwichtige Reize abschirmen können, weisen manche Menschen einen undichten Reizfilter auf. Das erschwert die Konzentration, beflügelt aber auch die Kreativität und ebnet Genies den Weg, wie US-Forscher jetzt herausfanden.
Johann Wolfgang von Goethe gehörte zu den Genies, die sich über ablenkenden Lärm beklagt haben sollen. Hatte er einen undichten Reizfilter? image.originalResource.properties.copyright

Anlass zu der Forschungsarbeit des Teams um Darya Zabelina von der Northwestern Universität waren berühmte Personen wie Marcel Proust, Franz Kafka, Charles Darwin und Johann Wolfgang von Goethe, die sich über ablenkenden Lärm beklagt haben sollen. So soll Proust Ohrstöpsel getragen und sein Schlafzimmer mit Kork ausgekleidet haben, um Geräusche zu dämpfen. Zugleich waren sie aber überdurchschnittlich kreative Geister. Den Forschern zufolge dürften die Genies zu einer Gruppe Menschen gehört haben, die stärker unter dem täglichen Bombardement von Reizen aus ihrer Umgebung leiden, weil sie über einen undichten Reizfilter verfügen.

Die Forscher hatten einen frühen Prozess der Reizverarbeitung im Gehirn, das sogenannte sensorische Gating, untersucht. Dabei handelt es sich um eine Art Torwächter-Funktion: Manche Sinnesreize werden verarbeitet, andere, die in diesem Moment unwichtig sind, unterdrückt. Die Wissenschaftler prüften nun, wie dieses sensorische Gating mit zwei Formen der Kreativität zusammenhing: dem Querdenken, das anhand eines Tests bestimmt wurde, und der kreativen Leistung im wirklichen Leben.

Während ein gutes Querdenken mit einem dichteren Reizfilter einherging, zeigte sich für Kreativität im realen Leben das Gegenteil. Diese war größer, wenn Personen weniger gut in der Lage waren, Reize aus ihrer Umgebung abzuschirmen und diese davon abzuhalten, ins Bewusstsein vorzudringen. Der undichte Filter könnte kreativen Menschen demnach dabei helfen, Ideen von außen, die gerade nicht im Fokus ihrer Aufmerksamkeit stehen, aufzunehmen und so die Kreativität zu fördern, vermuten die Forscher.

HH/FH