Ein Krebsmedikament könnte Alzheimer-Patienten helfen

21.07.2020

In den vergangenen Jahren sind Studien mit vielen Wirkstoffen und Therapieansätzen gegen Alzheimer-Demenz enttäuschend verlaufen. Nun zeigt sich ein Hoffnungsschimmer für Betroffene: In einer klinischen Studie reduzierte Nilotinib – ein Wirkstoff, der gegen bestimmte Leukämie-Formen eingesetzt wird – die Ablagerung von fehlerhaften Proteinen im Gehirn von Alzheimer-Patienten.
Schon nach sechs Monaten wurden in Hirnscans der Teilnehmer deutliche Verbesserungen sichtbar. image.originalResource.properties.copyright

Nachdem man in Tierversuchen beobachtet hatte, dass Nilotinib die Ablagerung solcher Proteine nicht nur hemmte, sondern auch ihren Abbau förderte, wurde der Wirkstoff an 37 Alzheimer-Patienten in einer klinischen Studie der Phase II getestet: Sie erhielten ein Jahr lang zusätzlich zu ihrer normalen Therapie Nilotinib. Das führte dazu, dass schon nach sechs Monaten in Hirnscans deutliche Verbesserungen sichtbar wurden. Nach zwölf Monaten hatte das Hirnvolumen im Hippocampus, der für das Gedächtnis wichtig ist, im Vergleich zur Placebogruppe um 27 Prozent weniger abgenommen. In Tests zur geistigen Leistungsfähigkeit schnitten die Personen aus der Nilotinib-Gruppe ebenfalls tendenziell besser ab. Aufgrund der geringen Anzahl der Teilnehmer reichte dieser Unterschied jedoch statistisch nicht aus, um eine Wirksamkeit zu belegen.

In der Studie setzten die Forscher zwei Dosierungen ein. Bei der höheren (300 mg) kam es häufiger zu Nebenwirkungen, die sich meist durch Stimmungsschwankungen bemerkbar machten. Schwere Nebenwirkungen, wie sie bei Krebspatienten auftreten, blieben aber aus, weil die Alzheimer-Patienten höchstens die Hälfte der Menge einnahmen, die gegen Tumoren üblich ist.

Prof. Dr. Richard Dodel, Geriater und Neurologe an der Universität Duisburg-Essen, wertet die Ergebnisse als großen Erfolg: „Diese relativ kleine Studie hat zunächst in erster Linie Sicherheit, Verträglichkeit und Effekte von Nilotinib auf Alzheimer-Biomarker untersucht – und das erfolgreich. Die Studie hatte jedoch zu wenige Patienten bzw. war gar nicht dazu konzipiert, um eine Verlaufsbeurteilung der Demenz zu ermöglichen. Dennoch hoffen wir darauf, dass sich der positive Trend hinsichtlich der kognitiven Tests künftig in großen klinischen Studien bestätigen lässt.“

ZOU