Neues Antibiotikum: Bakterium in der Nase tötet MRSA-Keime

28.07.2016

Auf der Suche nach neuen Antibiotika gegen resistente Keime sind Wissenschaftler der Universität Tübingen in der menschlichen Nase fündig geworden. Sie isolierten aus dem dort vorkommenden Bakterium Staphylococcus lugdunensis einen neuen antibiotischen Wirkstoff, den sie Lugdunin tauften. In Zellkultur sowie im Tierversuch zeigte Lugdunin eine sehr gute Wirksamkeit unter anderem gegen Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA).
Forscher haben in der menschlichen Nasenschleimhaut ein vielversprechendes Bakterium gefunden. image.originalResource.properties.copyright

Eine Besiedelung der Nase mit MRSA stellt ein Risiko für Staphylokokken-Infektionen dar. Sie ist allerdings nur bei etwa jedem dritten Menschen gegeben. Wie die verbleibenden drei Viertel der Menschheit die Keime in Schach halten, war bislang unklar. Die Tübinger Wissenschaftler um Alexander Zipperer und Martin Konnerth scannten nun systematisch die Bakteriengemeinschaft in der Nase nach Bakterien, die MRSA-schädigende Stoffe produzieren. Dabei stießen sie auf Lugdunin. Das Antibiotikum hatte eine starke antimikrobielle Wirkung gegen eine breite Palette von grampositiven Bakterien, darunter MRSA und Vancomycin-resistente Enterokokken. Das berichten die Forscher im Fachjournal Nature. Offenbar fällt es Bakterien schwer, Resistenzen gegen Lugdunin zu entwickeln, denn MRSA-Stämme blieben auch nach mehreren Behandlungen mit unterdosiertem Lugdunin empfindlich gegen den Wirkstoff. Versuche mit radioaktiv markierten DNA-, RNA- und Zellwandbausteinen zeigten, dass Lugdunin den Energiestoffwechsel von Bakterien sehr rasch zum Erliegen bringt, ähnlich wie das bekannte Antibiotikum Daptomycin. Bei Mäusen, deren Haut mit MRSA infiziert worden war, erwies sich Lugdunin ebenfalls als wirksam.

Dass Lugdunin tatsächlich der Grund für die Widerstandskraft mancher Nasen gegen MRSA ist, zeigte die Untersuchung der Nasenabstriche von 187 Patienten. Hier waren wie erwartet 32,1 Prozent MRSA-positiv. Zogen die Forscher jedoch zusätzlich Lugdunin in Betracht, bot sich ein anderes Bild: In Gegenwart von Lugdunin fand sich nur bei 5,9 Prozent der Patienten eine Besiedelung mit MRSA, bei den Lugdunin -negativen Patienten waren es fast sechsmal so viele (34,7 Prozent). Angesichts der wachsenden Schwierigkeiten, neue antibiotische Wirkstoffe zu isolieren, sollte die Mikrobiota des menschlichen Körpers verstärkt als Ressource herangezogen werden, so das Fazit der Autoren. Weitere Studien müssen nun zeigen, ob Lugdunin im großen Maßstab hält, was es laut dieser ersten experimentellen Daten verspricht.

am/<link www.pharmazeutische-zeitung.de>PZ/NK