Spaß beim Sport

14.07.2011

Sport und Bewegung helfen Typ-1- und Typ-2-Diabetikern, trotz Zuckerkrankheit lange gesund zu bleiben. Wie Sport wirkt, und welche Regeln für ein ungetrübtes Vergnügen sorgen, erklärt Dr. med. Bernhard Gehr, zweiter Vorsitzender der Internationalen Vereinigung diabetischer Sportler (IDAA).
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"Typ-1-Diabetiker profitieren vom Sport ebenso wie Menschen ohne Diabetes", so der Mediziner. Für Typ-2-Diabetiker bietet regelmäßige Bewegung noch mehr: "Die meisten können ihren Diabetes um Jahre aufhalten", weiß der Experte. Der Diabetes löse sich durch Sport zwar nicht völlig in nichts auf, doch die Empfindlichkeit auf Insulin steige deutlich an. "Je nach Einzelfall können Tabletten reduziert oder sogar abgesetzt werden, und eine Insulintherapie ist erst viel später notwendig als ohne körperliche Aktivität", weiß Gehr.

Wie viel Sport pro Woche bringt die genannten Effekte? "Wichtig ist die regelmäßige Bewegung, am besten an fünf Tagen pro Woche", konstatiert Gehr. Wer zwischen dem Sport immer wieder länger pausiert, bekommt keine konstant bessere Reaktion der Körperzellen auf Insulin. Tipp des Experten: "Am besten halten Typ-2-Diabetiker Aktivitäten dauerhaft durch, die ihnen in ihrer Jugend viel Freude bereitet haben." So findet der eine vielleicht zum Schwimmen zurück, der andere zum Laufen.

Kraft und Ausdauer senken den Blutzucker

Reicht es aus, allein die Ausdauer zu trainieren? "Ideal ist eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining", weiß Gehr. Aber es geht auch das eine ohne das andere. So verbessert sich der Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c bei Kraft- und bei Ausdauersport etwa in gleichem Maße. Regelmäßige sportliche Aktivität bringt Diabetikern viel gesundheitlichen Nutzen – wenn sie auf eine Nebenwirkung achten: die Gefahr, zu unterzuckern.

Unterzucker vorbeugen

Dieses Risiko ist erhöht bei Diabetikern, die Insulin spritzen, und bei solchen, die Sulfonylharnstoffe oder Glinide einnehmen. "Wer sich bewegt, sorgt dafür, dass mehr Glukose aus dem Blut in die Muskelzellen gelangt", erklärt Gehr. Dadurch sinkt der Blutzucker. Das ist zwar eigentlich erwünscht, doch wenn die Tabletten- oder Insulintherapie nicht richtig angepasst ist, kann die Absenkung zu stark sein. Die Folge: Unterzucker. Deshalb können Diabetiker nicht mal eben so drauflos rennen, radeln oder schwimmen, sondern müssen die Aktivität planen. "Wer Insulin spritzt oder Tabletten einnimmt, die ein Unterzuckerungsrisiko bergen, hat zwei Stellschrauben", erklärt Gehr. "Zum einen die Arznei mitteldosis und zum anderen die Ernährung. Je nachdem, wie intensiv und wie lange die Bewegung geplant ist, muss die Dosis von Basal- und Normalinsulin bereits einige Stunden vor dem Sport abgesenkt werden."

Typ-2-Diabetiker, die mit Sulfonylharnstoffen oder Gliniden behandelt werden und intensiv Sport treiben wollen, sollten zusammen mit ihrem Arzt ebenfalls eine Dosisreduktion besprechen. "Ein bis zwei Stunden vor dem Sport und noch einmal kurz davor wird dann der Blutzucker bestimmt. Liegt der erste Wert im unteren Normbereich, sollte man ihn mittels ein oder zwei BE Kohlenhydrate höher treiben", so Gehr. Diese Sport-BE müssen spätestens eine halbe Stunde vor der körperlichen Anstrengung gegessen werden, damit sie den Blutzucker noch rechtzeitig erhöhen können. Im Laufe der Bewegung sinkt der Blutzucker dann in der Regel wieder. Weil Diabetiker beim Sport trotz bester Planung unterzuckern können, sollte auch während der Bewegung das Messgerät immer mit von der Partie sein.

Energie für die Muskeln

"Viele Diabetiker unterschätzen die Langzeitwirkung der Bewegung", so Gehr. Was das bedeutet: "Während des Sports entleeren sich die Glukosespeicher der Muskulatur. Danach kann es bis zu 24 Stunden dauern, bis sie wieder ausgefüllt sind." Da die Glukose für die Muskeln aus der Blutbahn kommt, sinkt folglich der Blutzucker. "Deshalb ist das Risiko zu unterzuckern auch noch eine ganze Weile nach dem Sport erhöht. Die Therapie muss noch über einige Stunden angepasst werden." Wer regelmäßig Sport treibt und auf die Veränderungen des Blutzuckers achtet, bekommt heraus, wie sich Unterzucker bei ihm persönlich am besten vermeiden lässt. Dann tut der Sport rundum gut: dem Stoffwechsel, der Seele und dem Körpergewicht.

Apothekerin Isabel Weinert