Stottern: Dann braucht ein Kind Hilfe

03.09.2018

Viele Kinder stottern ab und zu. Wann Eltern aufmerksam werden sollten, erklärt eine Expertin.
Stottern beginnt meist im Alter zwischen zwei und fünf Jahren. image.originalResource.properties.copyright

Fast jedes Kind hat ab und zu Probleme, flüssig zu sprechen. Woran erkennt man, dass ein Kind tatsächlich stottert?

Wiesmann: Typisch für Stottern sind vor allem das Wiederholen von Lauten (T-T-T-Tasse), Silben (Sa-sa-Saft) und einsilbigen Wörtern (mit-mit-mit dem Ball) sowie Lautdehnungen (mmmeine). Auch hörbare oder stumme Blockierungen beim Sprechen gehören zu den Merkmalen von Stottern. Eltern sollten auch auf Begleitsymptome achten: Wenn sich das Kind beim Sprechen offensichtlich anstrengt, sich verkrampft, mit Wut, Weinen oder plötzlichem Schweigen auf das Stottern reagiert, wenn es bestimmte Begriffe oder Laute vermeidet oder nicht mehr so gerne und viel spricht wie zuvor, sind das weitere Anzeichen dafür, dass es sich wirklich um Stottern handeln könnte.

Müssen Eltern mit ihrem Kind zum Arzt gehen, wenn es stottert, oder "verwächst" sich das Problem?

Wiesmann: Ja, sie sollten auf jeden Fall mit ihrem Kind den Arzt aufsuchen, damit zeitig eine fachliche Diagnostik eingeleitet werden kann. Ein frühes Erkennen und Handeln ist extrem wichtig, da eine Stottertherapie umso aussichtsreicher ist, je früher sie beginnt. Besteht Stottern über die Pubertät des Kindes hinaus, droht es zu einem lebensbegleitenden Problem zu werden. Einfach abzuwarten kann deshalb sogar schädlich sein, wenn dadurch bei einem tatsächlichen Behandlungsbedarf wertvolle Zeit ungenutzt verstreicht.

An wen wenden sich betroffene Eltern?

Wiesmann: Der Kinderarzt ist die erste Anlaufstelle. Begleitend oder im Vorfeld können sich Eltern außerdem an Beratungsstellen wenden. Die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe betreibt als gemeinnütziger Verein die einzige bundesweit tätige, unabhängige Informations- und Beratungsstelle zum Thema Stottern und bietet telefonisch oder über das Internet gezielt Hilfestellungen an.

Wie lässt sich Stottern behandeln und wie hoch liegt die Erfolgsquote?

Wiesmann: Stottern lässt sich gut behandeln. Wichtig ist, sich vor dem Entscheid für eine bestimmte Praxis oder einen Therapieanbieter gut über die Methoden und Formen der Stottertherapie zu informieren. Besonders bei der Behandlung von sehr jungen Kindern werden die Eltern intensiv in die Therapie einbezogen. Die Herangehensweise sollte daher sowohl zu den Stotter- und Begleitsymptomen des Kindes passen, als auch zur familiären Situation.

Worauf können Eltern achten, wenn sie einen Therapeuten suchen?

Wiesmann: Eine qualifizierte Stottertherapie braucht Zeit, und die Kosten werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Vorsichtig sollten Eltern sein, wenn ihnen die Heilung ihres Kindes garantiert oder versprochen wird. Fest steht nur, dass bei Kindern im Vorschulalter qualifizierte Stottertherapien deutlich häufiger zu vollständigen Heilungen führen als bei Erwachsenen, und oft verschwindet ein Stottern bei Kindern auch von allein – ob und bei welchem Kind dies der Fall sein wird, kann jedoch wirklich niemand vorhersagen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Natascha Koch.