Testosteronmangel ist bei Diabetes häufiger

Apothekerin Katrin Schmitt | 15.05.2021

Das männliche Sexualhormon Testosteron gilt als das wichtigste Androgen. Es ist quasi das zum Manne machende Hormon. Kein Wunder, dass ein Testosteronmangel Männer an ihrem empfindlichsten Punkt trifft. Doch Mangelsymptome lassen sich behandeln.
Ein Mangel an Testosteron kann bei Männern Symptome hervorrufen, die einer Depression ähneln: Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme, Erektionsstörungen und Schlafprobleme. image.originalResource.properties.copyright

Tatsächliche Testosteron-Mangelsymptome erleben nur zwei Prozent der Männer. Dazu gehören der Verlust des sexuellen Verlangens und Erektionsstörungen. Doch nicht jedem, der an Erektionsstörungen leidet, fehlt es an Testosteron. Bei niedrigen Werten nimmt außerdem die Muskelmasse ab, dafür wächst das Bauchfett. Unbehandelt sinkt die Knochendichte und der Körper bildet weniger rote Blutkörperchen. Betroffene fühlen sich antriebslos und nicht leistungsfähig, die Konzentrationsfähigkeit sinkt und trotz Müdigkeit stellen sich schlaflose Nächte ein. Symptome, die auch zu einer Depression passen. Wer solche Anzeichen bei sich bemerkt, spricht am besten den Hausarzt an. Dieser überweist nach Ausschluss anderer Ursachen an einen Facharzt, in dem Fall sogenannte Urologen und Andrologen. Übrigens: Ab 45 Jahren sinken die Werte bei jedem Mann um 0,4 bis ein Prozent pro Jahr, bei chronischen Begleiterkrankungen wie Typ-2-Diabetes schneller. Blutwerte unter 8 mmol/l gelten als zu niedrig, über 12,1 mmol/l als normal.

Arten des Mangels

"Typ-2-Diabetiker betrifft besonders der funktionelle Testosteronmangel, der mit chronischen Erkrankungen einhergeht", erklärt Professor Dr. Micha el Zitzmann, Diabetologe und Oberarzt am Zentrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie im Uniklinikum Münster. Dabei bedingen sich die Empfindlichkeit für Insulin und die Testosteronproduktion gegenseitig. Der Experte: "Das männliche Hormon erhöht die Insulinsensitivität direkt über Rezeptorwirkungen und indirekt durch die positive Wirkung auf den Körperfettanteil und die Muskelmasse." Das heißt: Testosteron begünstigt bessere Blutzuckerwerte. Diabetiker, die einen Testosteronmangel haben, profitieren demnach von einer Therapie mit Testosteron. Verglichen mit unbehandelten Menschen mit Diabetes sinken Sterblichkeit, Körpergewicht, Insulinresistenz, und die Wahrscheinlichkeit für Knochenbrüche nimmt ab.

Wie wird ein Mangel behandelt?

Zu einer Testosteronersatztherapie raten Ärzte erst, wenn Betroffene sowohl niedrige Blutwerte als auch typische Symptome aufweisen. Zwei Arzneiformen verordnen sie am häufigsten. Depotspritzen mit dem Wirkstoff Testosteronundecanoat in einer öligen Lösung spritzt man alle zehn bis 14 Wochen in den Muskel. Das Depot setzt kontinuierlich Testosteron frei. Testosterongele trägt man ein- bis zweimal täglich auf Schultern oder Brust auf. Praktisch: Bei Nebenwirkungen kann die Therapie schnell unterbrochen werden. Besser ist es, das Gel morgens aufzutragen. So simuliert man die körpereigene Produktion, die im Laufe des Tages abnimmt. "Die Wahrscheinlichkeit, Testosteron bei engem Körperkontakt zu übertragen, ist gering", beruhigt Zitzmann.

Trotzdem empfehlen die Hersteller, die behandelten Hautpartien mit Kleidung zu bedecken oder sie vor engem Körperkontakt zu reinigen. "Stimmung und sexuelles Verlangen steigen schon nach ein bis zwei Monaten Therapie. Weitere Effekte treten nach bis zu sechs Monaten ein." Ergänzend zur Ersatztherapie können Patienten eine Lebensstilanpassung selbst in die Hand nehmen. Für Typ-2-Diabetiker gilt: HbA1c-Wert und Körpergewicht senken. Alkohol reduzieren, regelmäßige Bewegung und ausgewogene Ernährung nennt Zitzmann als Grundpfeiler. "Die Ersatztherapie ist keine Dauerlösung", betont der Fachmann. "Wenn die Patienten ihr Gewicht nach zwei Jahren deutlich reduziert haben, kann man einen Auslassversuch starten."