Thema der Woche: Warum Weihnachten gesund macht

16.12.2015

Wenn von Weihnachten die Rede ist, winken viele ab. Das Fest hat unter Erwachsenen nicht mehr den besten Ruf: Sie verbinden damit häufig Stress, enttäuschte Erwartungen oder mitunter unliebsame Verwandtschaft auf dem Sofa. Die Redaktion der Neuen Apotheken Illustrierten findet das schade und tritt zur Ehrenrettung an, denn Weihnachten bringt nicht nur Kinderaugen zum Leuchten. Es kann auch bei Menschen über 18 Jahren zum Wohlbefinden beitragen, wenn man sich darauf einlässt und offen für Neues ist.
Aufgabenteilung bei der Zubereitung des Festessens: Das macht nicht nur Spaß, sondern entlastet auch die Köche. image.originalResource.properties.copyright

Hierzulande ist Weihnachten das beliebteste und aufwändigste christliche Fest. Doch mittlerweile feiern in Deutschland auch Menschen mit, die einer anderen Religion angehören oder sich als nicht gläubig betrachten. Sie suchen sich dafür die Dinge heraus, die das Fest für sie bedeutsam machen. Sei es, einen lieben Menschen zu beschenken, völlig Unbekannten etwas Gutes zu tun oder einfach nur ein geselliges Festmahl zusammen mit Familie und Freunden zu erleben. Weihnachten scheint also einen besonderen Reiz auszuüben. Es wäre doch schön, wenn die vielen Menschen, bei denen sich über die Jahre eine Art Festtagsverdruss eingestellt hat, diesen Reiz wiederentdecken könnten. Denn schöne Festtage können ein Balsam für Körper und Geist sein.

Traditionen ausmisten

Klar, ganz ohne Traditionen geht es an Weihnachten wohl nicht, doch wer hat eigentlich festgelegt, dass immer alles genauso oder noch besser sein muss als im vergangenen Jahr? Es wäre doch gleichzeitig spannend und entspannend, einfach den Gedankenspeicher zu leeren und das Fest mit neuem Leben zu füllen. Was im vergangenen Jahr schön war, behält man im Programm: Jede Familie hat ja ihre eigenen kleinen Abwandlungen, die das Fest für sie zu etwas Besonderem machen. Vom nervigen Rest verabschiedet man sich einfach.

Der Startpunkt für ein entspannteres und damit gesünderes Fest liegt schon in der Vorweihnachtszeit, in der viele über den Druck des Geschenkeeinkaufs klagen. Geschenke sind ein Punkt, der sicherlich besonders stark mit Weihnachten in Verbindung steht und kaum aus dem Programm gestrichen werden kann. Viele verzichten zwar darauf, sich etwas zu schenken, doch damit verpassen sie eine gute Gelegenheit, etwas für sich und andere zu tun. Hirnforscher Gerald Hüther aus Göttingen weiß, dass es glücklicher macht, etwas für jemand anderen zu kaufen als für sich selbst. Denn beim Schenken komme Verbundenheit zum Ausdruck, die eines der größten Bedürfnisse des Menschen stillt: das nach Zugehörigkeit. Gleichzeitig steckt darin ein religiöser Aspekt. Steht doch im Neuen Testament: Geben ist seliger denn Nehmen. Was übrigens die Buddhisten ähnlich sehen.

Nie mehr Verlegenheitsgeschenke

Anders herum erhält natürlich jeder gern Geschenke – sofern es die richtigen sind. Viele haben gute Erfahrungen damit gemacht, dass auch Erwachsene vorab Wünsche äußern. Das ist dann zwar nicht mehr ganz so überraschend für die Beschenkten, nimmt aber den Druck aus der Geschenkesuche. Frust und Stirnrunzeln über Verlegenheitsgeschenke, die in letzter Minute an der Tankstelle erstanden wurden, gehören damit der Vergangenheit an. Außerdem steigern Wunschgeschenke die Freude der Beschenkten immens, wie eine Studie von Francesca Gino und Francis Flynn von der Stanford Universität in den USA bestätigt. Die Psychologinnen haben herausgefunden, dass Wunschgeschenke deutlich besser ankommen als unvorhergesehene. Noch dazu widerlegt die Studie die verbreitete Überzeugung, dass der Beschenkte solche Gaben, die ohne sein Wissen ausgesucht wurden, als aufmerksamer oder persönlicher wahrnimmt.

Gemeinsam feiern macht froh und fit

Dann wäre da noch die Verwandtschaft, die unweigerlich an den Feiertagen auf der Matte steht – und das ist in der Regel auch gut so. Geselligkeit liegt den Menschen in den Genen, und Weihnachten bietet eine gute Gelegenheit, mit anderen zusammenzukommen und ein paar frohe gemeinsame Stunden oder Tage zu verbringen. Welcher Luxus die Gesellschaft von Familie und Freunden an Weihnachten ist, zeigen die Beispiele einsamer Menschen, die sich regelmäßig vor dem Fest ins Krankenhaus einweisen lassen, um die Feiertage nicht allein verbringen zu müssen.

Mittlerweile belegen auch zahlreiche wissenschaftliche Studien, wie wohltuend die Gesellschaft anderer Menschen ist. Einsamkeit geht nicht nur häufig mit Schlafstörungen und einem erhöhten Blutdruck einher, sie kann das Leben sogar verkürzen, hat der Psychologe John Cacioppo von der Universität Chicago herausgefunden. Natürlich hat fast jeder schon erlebt, dass an den Feiertagen Konflikte in der Familie aufflammen, die die Festlaune verderben. Um dem vorzubeugen, lädt man notorische Streithähne besser an unterschiedlichen Tagen ein. Und so manche Stichelei lässt sich mit gutem Willen und dem Gedanken, dass die Festtage nicht unendlich andauern, weglächeln.

Die Vorteile des Weihnachtsmenüs

Ohne ordentliches Essen und Trinken wäre Weihnachten sicher nur halb so schön, daher planen viele Jahr für Jahr über die Feiertage eine traditionelle, opulente Speisenfolge ein: angefangen mit dem auf vielen deutschen Tischen fast schon unvermeidlichen Kartoffelsalat mit Würstchen über die Weihnachtsgans bis zum Karpfen. Teils sind die Gerichte aufwändig zuzubereiten und können schwer im Magen liegen, doch jedes hat seine speziellen Vorteile: Kartoffelsalat mit Würstchen geht so unkompliziert und schnell, dass ihn sogar Schüler unfallfrei zubereiten können. Soll doch mal der Nachwuchs für das leibliche Wohl an
Heiligabend sorgen!

Am ersten Feiertag können dann wieder die erfahreneren Köche übernehmen, wenn es darum geht, Braten, Klöße oder Fisch auf den Tisch zu zaubern. Bei dieser Arbeitsteilung trägt jeder etwas zum Gelingen des Fests bei. Dies stärkt das Gemeinschaftsgefühl und entlastet die Hausfrau, die häufig allein für alles sorgen muss.

Dass Gänse- oder Entenbraten so gut schmecken, verdanken sie zum Teil ihrem recht hohen Fettgehalt. Wenn man sich davon eine Festtagsportion einverleibt, ist das Magendrücken fast schon programmiert. Dabei gilt Gänsefett als gesünder als beispielsweise Schweinefett, weil es einen vergleichsweise hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren hat. Wer hier in Maßen zugreift und als Beilage Gemüse wählt, steht gesundheitlich gar nicht so schlecht da. Der Karpfen hat kein Fettproblem. Er enthält nur etwa vier Prozent Fett, darunter einen ordentlichen Anteil gesunder Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Zudem stehen B-Vitamine und Spurenelemente wie Jod auf seiner Haben-Seite. Als Festtagsgericht ist er auf jeden Fall die leichtere Wahl.

Weihnachtslieder verbinden

Eine Tradition, die an Weihnachten besonders festlich stimmt, ist das Singen. Dabei spielt es keine Rolle, wie rein die Stimme klingt, Hauptsache es wird gemeinsam musiziert. Das unterstützt die zwischenmenschlichen Bande und das Immunsystem, berichtet Gunter Kreutz, Professor für Systematische Musikwissenschaft an der Universität Oldenburg. Das Singen baue Stress ab und stärke zugleich die Abwehrkräfte in den oberen Atemwegen, hat er in einer Studie mit Chorsängern ermittelt. Aus der Arbeit mit Demenz-Patienten ist bekannt: Traditionelle Lieder singen auch die Menschen fröhlich mit, die sich ansonsten an fast nichts mehr erinnern können. Ein wunderbares Erlebnis zur Weihnachtszeit.

Vielleicht tragen die Anregungen dazu bei, dieses Jahr zu Weihnachten tatsächlich einen Gang herunterzuschalten und das Fest stress-, fett- und konfliktärmer zu gestalten. So bleibt mehr Zeit, die ruhigen Stunden zu genießen, und man kann nach den Feiertagen erholt auf das Jahr 2015 zurückblicken. Dann ist die Freude im nächsten Jahr bestimmt wieder größer, wenn die Weihnachtszeit vor der Tür steht.

Apotheker Rüdiger Freund