Wie eine Gegenüberstellung Zeugen beeinflusst

27.07.2016

Die Situation kennt wohl jeder aus unzähligen Fernsehkrimis: Ein Zeuge soll aus einer Gruppe von Menschen, die ordentlich aufgereiht nebeneinander stehen, den Täter identifizieren. Je nachdem wie die Gruppe bei der Gegenüberstellung zusammengesetzt ist, lässt sich die Zeugenaussage beeinflussen. Das haben nun Psychologinnen aus Großbritannien und den USA herausgefunden.
Die Aussage von Augenzeugen lässt sich mit einigen Tricks offenbar leicht verfälschen, wie eine Studie zeigt. image.originalResource.properties.copyright

Hebt sich eine Person in der Gruppe deutlich von den anderen ab, hat er z.B. einen Bart, während alle anderen glatt rasiert sind, wird der Augenzeuge viel eher auf ihn als Täter deuten. Ganz unabhängig, ob es sich dabei um den wahren Täter oder nur einen Tatverdächtigen handelt, der gar nichts mit der Sache zu tun hat. Die Forscher bezeichnen so einen Aufbau als unfaire Gegenüberstellung. Noch dazu sind sich die Zeugen bei der Identifikation erheblich sicherer, den Täter genau erkannt zu haben, als das normalerweise bei einer Gegenüberstellung mit ähnlichen Personen in der Reihe der "Verdächtigen" der Fall ist. Die Zeugenaussage lässt sich also durch die Auswahl der Personen bei der Gegenüberstellung verfälschen. Ihre Ergebnisse trügen dazu bei, das Verhalten von Zeugen besser zu verstehen, und lieferten wichtige Erkenntnisse für die Arbeit der Polizei, schreiben die Forscherinnen um Melissa Colloff von der Universität Warwick im Fachblatt Psychological Science.

Colloff und ihre Kolleginnen hatten mit fast 9.000 Studienteilnehmern getestet, wie sich faire und unfaire Gegenüberstellungen auf die Urteilskraft von Augenzeugen auswirken. Dafür hatten die Forscher vier 30-Sekunden-Videoclips gedreht, bei denen jeweils eine Person dabei zu sehen war, wie sie ein Auto klaut, unerlaubt ein Graffiti sprüht, jemanden ausraubt oder etwas stiehlt. Später sollten die Testpersonen diese Person aus einem Set von sechs verschiedenen Portrait-Fotos identifizieren. Die Verdächtigen hatten alle ein besonderes Kennzeichen, zum Beispiel ein Veilchen. Bei einer fairen Gegenüberstellung verpassten die Forscher entweder allen Männern auf den Fotos auch ein Veilchen (natürlich nur digital), pixelten den Bereich, so dass der Unterschied nicht mehr erkennbar war, oder legten einen schwarzen Balken darüber. War die Gegenüberstellung dagegen unfair, hatte nur der Verdächtige – egal ob es sich um den tatsächlichen Kriminellen aus dem Video oder einen zu Unrecht Verdächtigten handelte – ein Veilchen und hob sich so von den Vergleichspersonen ab. Die Augenzeugen sollten anschließend mitteilen, ob sich der Täter unter den sechs Personen befand und wie sicher sie sich bei dieser Einschätzung waren.

HH/RF