Antidepressiva: Mehr Rückfälle nach Absetzen einer Langzeittherapie

Dr. Karen Zoufal | 30.09.2021

Wenn Menschen nach längerer Zeit die Behandlung mit Antidepressiva abbrechen, bekommen über die Hälfte innerhalb eines Jahres nach dem Absetzen einen Rückfall. Das zeigt eine Studie, die im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde. Sie ist die erste große Abbruchstudie unter Patienten, die über mehrere Jahre Antidepressiva eingenommen hatten.
Wer sich nach einer Depression wieder besser fühlt, bespricht am besten mit dem Arzt, ob und wie er die Medikamente absetzen kann. image.originalResource.properties.copyright

Unter Menschen, die über Jahre hinweg durchgängig Antidepressiva einnahmen, lag die Rückfallquote binnen eines Jahres bei 39 Prozent. Bei ihnen waren die Medikamente also nicht immer ausreichend wirksam, und sie würden möglicherweise von weiteren Behandlungsmethoden wie kognitiver Verhaltenstherapie oder Achtsamkeitstraining profitieren. Menschen, die Antidepressiva nach langer Einnahme abgesetzt hatten, bekamen zu 56 Prozent einen Rückfall. Dies zeigt, dass die Medikamente auch nach langer Zeit noch wirksam sind. Dennoch entschied sich von diesen 56 Prozent nur die Hälfte dafür, das verschriebene Antidepressivum erneut einzunehmen.

Dr. Gemma Lewis vom University College London sagte: „Unsere Ergebnisse belegen, dass viele Patienten von einer Langzeitbehandlung profitieren. Wir haben aber auch festgestellt, dass viele Menschen ihre Medikamente effektiv absetzen konnten, wenn sie über zwei Monate ausgeschlichen wurden.“ Wer in der Lage sein wird, die Medikamente abzusetzen, konnten die Forscher allerdings nicht vorhersagen. Deshalb empfehlen sie, gemeinsam mit dem Arzt eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob Antidepressiva nach Abklingen einer depressiven Episode abgesetzt werden sollen oder nicht, zumal das Absetzen Entzugserscheinungen mit sich bringen kann.

Quelle: DOI 10.1056/NEJMoa2106356