Covid-19: Die zweite Impfung nicht vergessen!

Apotheker Rüdiger Freund | 12.08.2021

Über Monate stiegen die Covid-19-Impfquoten steil an, nun aber hat die Impfkampagne in Deutschland an Fahrt verloren. Warum wir hier nicht nachlassen dürfen, erklärt Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer.
Die zweite Impfung ist vor allem vor dem Hintergrund der hierzulande mittlerweile dominierenden Delta-Variante sehr wichtig. image.originalResource.properties.copyright

Warum erscheinen viele nicht zu den vereinbarten Impfterminen?

Benkert: Viele, die sich impfen lassen wollten, sind anfangs mehrgleisig gefahren. Sie haben sich im Impfzentrum angemeldet und später auch beim Hausarzt. Nachdem sie geimpft worden waren, haben sie wahrscheinlich vergessen, den anderen Termin abzusagen. Darüber hinaus spielt es auch eine Rolle, dass die Inzidenz in der wärmeren Jahreszeit relativ niedrig ist. Manch einer denkt sich vielleicht auch, dass die Pandemie im Griff ist und eine Impfung nicht mehr nötig wäre. Dies ist möglicherweise auch der Grund dafür, dass manch einer meint, auf die zweite Impfdosis verzichten zu können. Diese ist aber für den kompletten Impfschutz entscheidend – besonders gegen die hochansteckende Delta-Variante.

Kann auch die Angst vor Nebenwirkungen ein Grund sein?

Benkert: Das kann schon bei dem einen oder anderen eine Rolle spielen. Aber eigentlich handelt es sich bei den kurzzeitigen grippeähnlichen Symptomen, die viele nach der Impfung bemerken, um eine ganz normale und erwünschte Immunantwort des Körpers. Nur in wirklich ganz seltenen Fällen treten Nebenwirkungen auf. Das Risiko von ernsten gesundheitlichen Problemen für Nicht-Geimpfte ist jedoch bei einer Covid-Erkrankung erheblich höher. Und das gilt sowohl für junge als auch für ältere Menschen. Daher sollte die Sorge wegen möglicher Nebenwirkungen einen nicht von der Impfung abhalten.

Wie wirkt sich das allgegenwärtige Thema Covid-Impfung auf das Interesse an Impfungen gegen andere Erkrankungen aus?

Benkert: Meinem Eindruck nach interessieren sich gerade ältere Menschen mehr dafür als früher. Impfungen beispielsweise gegen Keuchhusten, Gürtelrose oder Pneumokokken werden verstärkt nachgefragt. Mit Grippe-Impfungen verhält es sich ähnlich. Das war schon im vergangenen Jahr zu bemerken, als noch kein Covid-Impfstoff verfügbar war.

Derzeit laufen regionale Modellprojekte zur Grippe-Impfung in Apotheken. Wird das künftig in ganz Deutschland Alltag werden?

Benkert: In Ländern, in denen in der Apotheke zusätzlich zu den Ärzten gegen Grippe geimpft wird, ist die Durchimpfungsrate erheblich gestiegen. Gerade jüngere Menschen, die nur selten zum Arzt gehen, erreicht man mit so einem Angebot besser, weil sie sich ohne Terminabsprache und Anfahrt quasi nebenbei in der Apotheke impfen lassen können. Wenn durch die Beteiligung der Apotheken die Durchimpfungsrate steigt, kann das nur positiv für das Gesundheitssystem und unsere Gesellschaft sein. Die Apotheken stellen damit keine Konkurrenz zur Arztpraxis dar, sondern sie bieten einfach eine zusätzliche Möglichkeit für die Impfung.

Vielen Dank für das Gespräch!