Depression: Manche halten ihre Trauer fest

26.06.2015

Wer in einer Depression steckt, versucht alles, um aus dem unangenehmen Stimmungstief herauszukommen, sollte man meinen. Das wäre nur logisch. Doch Krankheiten folgen nicht immer der Logik, wie Forscher jetzt zeigen konnten.
Müde, antriebslos, traurig und teilnahmslos: Das sind typische Anzeichen für eine Depression. image.originalResource.properties.copyright

„Unsere Studie zeigt, dass sich depressive Menschen manchmal, anders als man es erwarten könnte, in einer Art und Weise verhalten, die ihre Traurigkeit eher fördert als mindert“, sagt der Erstautor der Studie, Yael Millgram von der Hebrew University. Gemeinsam mit Kollegen hatte der Psychologe drei Experimente durchgeführt. Darin zeigte sich, dass depressive Menschen zwar genau wie nicht-depressive Gute-Laune-Bilder gegenüber neutralen und traurigen Bildern bevorzugten. Bei einem genaueren Blick zeichnete sich jedoch ab, dass sie traurige Bilder häufiger noch einmal ansahen als nicht-depressive Teilnehmer. Ein ähnlicher Trend war bei der Auswahl von Musik zu erkennen. Im Vergleich zu Nicht-Depressiven wählten Menschen mit einer Depression eher melancholische Lieder aus, um sie sich später noch einmal anzuhören, als neutrale oder fröhliche, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift Psychological Science. Und das, obwohl sie der Meinung waren, traurige Musik mache sie noch trauriger, während fröhliche Musik ihre Stimmung hebe.

In einem dritten Experiment zeigte sich dann auch, dass eine gut gemeinte Therapie nach hinten losgehen kann, wenn sie falsch angewendet wird. So lernten die Teilnehmer, wie sie Situationen gedanklich umbewerten konnten, um ihre emotionale Reaktion darauf besser in den Griff zu bekommen. Depressive Teilnehmer entschieden sich allerdings häufiger als nicht-depressive, ihre Gefühle gegenüber traurigen Bildern zu fördern, berichten die Forscher. Und das mit Erfolg: Ihre traurige Stimmung verstärkte sich beim Betrachten dieser Bilder. Die Ergebnisse legen den Forscher zufolge nahe, dass es nicht reicht, Maßnahmen zu entwickeln, wie Menschen ihre Gefühle in einer positiven Weise steuern können, sondern dass es auch wichtig ist, sie dazu zu motivieren, diese Maßnahmen richtig zu nutzen.

HH