Lunge: Feinstaub kann schlafende Viren wecken

17.01.2017

Auch wenn die Symptome einer Infektion längst abgeklungen sind, bleiben manche Virenarten im Körper und können sich später wieder bemerkbar machen – zum Beispiel wenn die Immunabwehr geschwächt ist. Jetzt fanden deutsche Forscher heraus, dass offenbar auch kleinste Partikel „schlafende“ Viren wecken können.
Feinstaub findet sich in der Stadt vor allem in der Nähe vielbefahrener Straßen. image.originalResource.properties.copyright

In Versuchen mit Zellkulturen und Mäusen zeichnete sich ab, dass Nanopartikel aus Verbrennungsmotoren Viren reaktivieren können, die in Lungengewebszellen „ruhen“. Das berichten Forscher des Helmholtz Zentrums München im Fachblatt „Particle and Fibre Toxicology“. Sie hatten in ihrer Arbeit spezielle Maus-Herpesviren unter die Lupe genommen. Durch den Einfluss von Nanopartikeln, wie sie typischerweise bei der Verbrennung fossiler Energieträger auftreten, kam es zu einem deutlichen Anstieg viraler Eiweißstoffe. Diese produzieren die Viren nur, wenn sie sich vermehren, berichten die Forscher um Dr. Tobias Stöger und Professor Dr. Heiko Adler. In Analysen von Stoffwechselvorgängen und der Aktivität des Erbguts zeigten sich ebenfalls Muster wie bei einer akuten Infektion. Weitere Experimente mit menschlichen Zellen belegten zudem, dass auch Epstein-Barr-Viren bei einem Kontakt mit den Nanopartikeln „geweckt“ werden.

„Aus vorangegangenen Modellstudien wussten wir bereits, dass das Einatmen von Nanopartikeln eine entzündliche Wirkung hat und das Immunsystem verändert“, so Studienleiter Stöger. In weiteren Studien möchte das Forscherteam nun testen, ob sich ihre Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen. Denn: „Viele Menschen tragen Herpesviren in sich“, sagt Adler. Insbesondere Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose, einer schweren, chronisch verlaufenden Lungenkrankheit, seien dabei besonders betroffen. Mit speziellen Zellkulturmodellen wollen die Wissenschaftler den genauen Mechanismus der Virus-Reaktivierung durch Nanopartikel herausfinden. Außerdem sollen Langzeitstudien zeigen, inwieweit es zu chronischen Entzündungs- und Umbauprozessen in der Lunge führen kann, wenn man häufiger Feinstaub ausgesetzt ist.

HH