Sich zu kratzen, beugt Konflikten vor

25.09.2017

Wer sich kratzt, signalisiert anderen: "Ich bin gestresst" – und könnte so möglicherweise dazu beitragen, Konflikte zu vermeiden. Dies geht aus einer aktuellen Studie mit Rhesusaffen hervor. Den Ergebnissen zufolge könnte das Kratzen auch bei Menschen deutlich mehr sein als nur die Reaktion auf einen Juckreiz.
Hat mit Juckreiz nichts zu tun: Das Kratzen passiert oft unbewusst. image.originalResource.properties.copyright

Wie aus Verhaltensbeobachtungen von 45 Rhesusaffen auf der 35 Hektar großen Insel Cayo Santiago, Puerto Rico, hervorging, kratzten sich Tiere vor allem dann vermehrt, wenn ihr Stresspegel erhöht war: zum Beispiel wenn sie sich in der Nähe eines ranghöheren Tieres oder eines anderen, nicht-befreundeten Tieres aufhielten. Wie die Forscher um Jamie Whitehouse von der University of Portsmouth im Fachblatt Scientific Reports berichten, verringerte sich durch das Kratzen die Gefahr deutlich, dass das Tier von einem anderen angegriffen wurde.

In der Entwicklungsgeschichte könnte sichtbares Stressverhalten entstanden sein, um Aggressionen bei sozial komplexen Arten wie Primaten zu verringern, vermutet Whitehouse. Anderen zu zeigen, dass man gestresst sei, sei etwas, von dem beide Seiten profitieren könnten – der, der sich kratzt, und der, der es sieht. Ein potenzieller Angreifer etwa könnte den Konflikt mit einem offensichtlich gestressten Gegenüber vermeiden, weil sich solche Individuen unvorhersehbar verhalten oder durch den Stress geschwächt seien können. In ersterem Fall könnte ein Angriff riskant sein, im zweiten unnötig. „Die Situation wird transparenter“, erläutert Whitehouse. Und Transparenz verringere letztlich die Notwendigkeit eines Konflikts. Somit könnte das Kratzen ein Kommunikationsmittel darstellen, das entstanden ist, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Die Studie werfe nun die Frage auf, ob beim Menschen Kratzen und ähnliches, gegen sich selbst gerichtetes Stressverhalten eine ähnliche Funktion erfüllten.

HH