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Immer mehr Jüngere erhalten künstliche Gelenke

25.10.2018

Während früher vorwiegend Senioren mit künstlichen Gelenken versorgt wurden, erhalten zunehmend auch Menschen zwischen 50 und 60 Jahren eine Prothese. Besonders bei jüngeren Menschen muss jedoch kritisch abgewogen werden, ob ein künstliches Gelenk wirklich notwendig ist. Je jünger die Patienten sind, desto höher ist nämlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Prothese später ausgewechselt werden muss.

Jüngere Patienten erhalten immer häufiger eine Prothese.
Bevor ein jüngerer Patient ein künstliches Gelenk erhält, sollten alle anderen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sein.
© pololia - stock.adobe.com

In Deutschland werden jährlich etwa 210.000 Hüftprothesen und 169.000 Knieprothesen implantiert. Tendenz: steigend. Darauf weist Dr. Konrad Scheuerer hin, Leiter des Endoprothesenzentrums der Maximalversorgung an der WolfartKlinik in Gräfelfing. "Einer aktuellen Studie zufolge werde auch bei vergleichsweise jungen Patienten unter 60 Jahren Prothesen eingesetzt", sagt der Experte. Allein unter den Patienten mit Kniegelenkprothese waren 2016 rund 33.000 Menschen jünger als 60 Jahre. Ein Zuwachs von 23 Prozent im Vergleich zu 2013, wie das Science Media Center in Köln aus Daten des Statistischen Bundesamts kürzlich errechnete.

Dr. Scheuerer glaubt jedoch nicht, dass viele jüngere Patienten unnötig eine Prothese erhalten haben. „Die Erwartungshaltung hat sich enorm verändert. Früher hat sich ein 58-Jähriger damit abgefunden, dass die Gelenke ab und zu wehtun. Heute nimmt das kaum einer mehr widerspruchslos hin“, sagt der Orthopäde und Unfallchirug. Die Menschen wüssten heutzutage, dass auch anders gehe und sie ihr Leben bis ins hohe Alter aktiv genießen könnten. Es geht hier wohlgemerkt um Patienten, die Mitte 50 so starke Beschwerden haben, dass ein künstliches Gelenk wirklich eine gute Alternative sein kann.

Wann ist eine Prothese wirklich nötig?

Aus seiner Sicht brauchen jüngere Patienten dann eine Prothese, wenn sie unter einer weit fortgeschrittenen Arthrose leiden und alle konservativen Therapien nicht die gewünschten Erfolge gebracht haben. Entscheidend sei immer der persönliche Leidensdruck des Patienten. Nach Verletzungen oder Unfällen kann hingegen sofort ein Gelenkersatz nötig werden, auch schwere Erkrankungen wie Knochentumore können die Implantation einer Prothese erforderlich machen.

„Ein künstliches Gelenk sollte immer erst als letzte Maßnahme in Erwägung gezogen werden. Besonders bei jüngeren Menschen muss das in jedem konkreten Fall sehr kritisch abgewogen werden“, betont Dr. Scheuerer. Wichtig sei, dass der Patient sich einen Arzt sucht, der nicht nur Prothesen einsetzt, sondern auch gelenkerhaltende Eingriffe durchführt. Dazu gehören zum Beispiel Umstellungsosteotomien bei O-Beinen. Denn Fehlstellungen der Gelenke können zu einem vorzeitigen Verschleiß führen. Bei einem chirurgischen Eingriff könne diese Fehlstellung beseitigt und eine Prothese oft auf viele Jahre hin hinausgeschoben werden.

Im Zweifel eine zweite Meinung einholen

Wenn der behandelnde Arzt ein künstliches Gelenk empfiehlt, ist es unbedingt ratsam, die Meinung eines weiteren Arztes einzuholen. Dieser ist am besten unabhängig und darf den Patienten nach neuer Gesetzgebung nicht behandeln. Viele Krankenkassen vermitteln ihren Patienten Vertragsärzte für eine zweite Meinung, entweder vor Ort oder via Telefonhotline. Auch verschiedene Internetportale bieten Experten für eine zweite Meinung.

„Tatsächlich sollte der Patient sehr genau über mögliche Risiken informiert werden. Dazu gehört zum Beispiel das Risiko der Lockerung nach längerer Standzeit“, sagt Dr. Scheuerer. Wichtig sei auch, dass die Erwartungshaltung des Patienten im Vorfeld klar ist. Der Patient müsse vom Arzt genau beraten werden, was mit einer Prothese möglich ist und was nicht. Einige Patienten hätten etwa unrealistische Vorstellungen von dem Ergebnis der Operation und hätten die Hoffnung, mit einer Prothese wieder Extremsport zu betreiben. Davon sei abzuraten.

Wann Prothesen ausgetauscht werden müssen

Gelenkersatz hält zudem nicht ewig. Je jünger der Patient ist, wenn er eine Prothese erhält, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Wechseloperation notwendig wird. Andererseits halten gute Prothesen Dr. Scheuerer zufolge heute rund 20 Jahre, zum Teil auch länger. In vielen Fällen müsse zudem nicht mehr die gesamte Prothese ausgetauscht werden, sondern nur der abgenutzte Prothesenteil.

Damit eine Prothese möglichst lange hält, sollten Patienten eine Überbelastung vermeiden. Zwar sei Sport grundsätzlich auch mit einer Prothese empfehlenswert, da die umgebenden Muskeln gestärkt werden und damit das künstliche Gelenk entlasten. „Aber Kontaktsportarten wie Karate oder Fußball empfehlen sich weniger“, sagt Dr. Scheuerer. Auch Übergewicht belastet die Gelenke unnötig. Auf Rauchen sollten Patienten mit Prothese möglichst verzichten, da Nikotin den Blutgefäßen schadet und die Durchblutung der Muskeln und Bänder mindert.

NK

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