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Thema der Woche: Rezepturen aus der Apotheke

24.08.2016

Individuell hergestellte Medikamente aus der Apotheke sind ein wichtiger Bestandteil bei der Versorgung mit Arzneimitteln in der Bevölkerung. Sie schließen eine Lücke, wo industriell hergestellte Fertigarzneimittel nicht verfügbar sind – zum Beispiel bei der Behandlung von Kleinkindern und Säuglingen. Hier werden dann in der Apotheke Arzneimittel in individueller Wirkstärke und Zusammensetzung hergestellt.

Die Anfertigung individueller Medikamente ist ein aufwendiger Prozess.
In öffentlichen Apotheken werden pro Jahr 14 Millionen Rezepturen für gesetzlich krankenversicherte Patienten hergestellt.
© Picture-Factory - Fotolia.com

Pro Jahr werden in Deutschlands Apotheken rund 14 Millionen Rezepturen allein für Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hergestellt. Nach Berechnung des Deutschen Arzneiprüfungsinstitutes (DAPI) sind darunter rund acht Millionen „allgemeine Rezepturen“, wie beispielsweise Kapseln oder Salben. Sie können in jeder öffentlichen Apotheke hergestellt werden. Darüber hinaus gibt aber auch es zahlreiche Spezialrezepturen, deren Anfertigung hohe technische und räumliche Anforderungen stellt. Sie werden deshalb nur in spezialisierten Apotheken angefertigt. Zu diesen Rezepturen gehören rund drei Millionen Methadon-Zubereitungen, etwa zwei Millionen Krebsmedikamente und etwa eine Million Lösungen zur künstlichen Ernährung von schwerkranken Patienten.

Schon die Anfertigung allgemeiner Rezepturen ist ein aufwändiger und arbeitsintensiver Prozess. Die Anforderungen an die Herstellung sind dabei in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Rezepturen werden streng nach Herstellungsvorgaben abgewickelt, die entsprechend dokumentiert werden müssen. Das ist zeit- und personalaufwändig, wie Christoph Gulde, Vizepräsident des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg, erklärt: „Wenn wir ein Rezept über eine Rezeptur erhalten, machen wir zunächst eine sogenannte Plausibilitätsprüfung. Das bedeutet, dass der Apotheker überprüft, ob die angegebene Darreichungsform, also Salbe, Kapsel oder Tropfen, sowie die Dosierung des Wirkstoffes in der Rezeptur die gewünschte Wirkung haben werden.“ Danach wird eine Handlungsanweisung geschrieben. „Hier wird detailliert darlegt, wie die Rezeptur genau herzustellen ist. Erst dann kann es mit der Zubereitung losgehen.“

Der Herstellungsprozess beginnt dann mit einer wissenschaftlichen Prüfung der Ausgangsstoffe und mündet in die eigentliche Zubereitung. Gulde erklärt: „Der gesamte Prozess, von der Plausibilitätsprüfung bis zur Abfüllung des fertigen Arzneimittels, wird akribisch protokolliert. Der gesamte Dokumentationsaufwand für den Apotheker ist immens hoch. Aber er erfüllt auch den Zweck, dass immer nachvollzogen werden kann, wer was wie und wann gemacht hat.“

Die Kehrseite der Medaille sei, dass Apotheker diesen hohen Aufwand nicht bezahlt bekommen. Bei Rezepturen berücksichtigt die Arzneimittelpreisverordnung nur den Aufwand für den Einkauf der Grundsubstanzen und die Herstellung des Arzneimittels. Bei rezeptpflichtigen Fertigarzneimitteln erhält die Apotheke hingegen für Beratung und Abgabe ein Fixhonorar von 8,35 Euro. Diese Vergütung gibt es bei Rezepturarzneimitteln nicht. Für Gulde ist das kaum nachvollziehbar, da gerade individuell hergestellte Rezepturen oft eine intensive Beratung erfordern. Ein Beispiel: Die Herstellung von individuellen Kapseln dauert rund eine Stunde, berichtet Gulde aus der Praxis. Ein Viertel davon nimmt die Dokumentation in Anspruch. Der Apotheker bekommt die Stoffe für die Herstellung der Arznei bezahlt. Für seinen Arbeitsaufwand von einer Stunde darf er bei der Herstellung von bis zu 12 Kapseln den sogenannten Rezepturzuschlag von sieben Euro abrechnen. Ein anderes Beispiel: Die Zubereitung einer individuellen Salbe dauert etwa eine dreiviertel Stunde. Aber, so Gulde: „Für bis zu 200 Gramm Salbe bekommen wir von den gesetzlichen Krankenkassen gerade einmal fünf Euro.“

Die Apothekerverbände fordern deshalb seit langem, auch bei Rezepturarzneimitteln die Beratung und Abgabe zu vergüten. Der Blick auf ein aktuelles Gesetzesvorhaben, das im Herbst in die politische Beratung gehen soll und in dem eine solche Vergütung anklingt, stimmt Gulde zuversichtlich. „Es wird höchste Zeit, dass der Gesetzgeber unsere Rezepturen hinsichtlich des Beratungsaufwands den Fertigarzneimitteln gleichstellt“, so der Apotheker.

LAV Baden-Würrtemberg/NK

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