LAK Hessen/RF
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14.06.2025 10:10 Uhr
Appetit, Stoffwechsel & Co.: So beeinflussen Medikamente das Gewicht
Mehr als die Hälfte der Deutschen ist übergewichtig – eine Tatsache, die gesundheitliche Folgen haben kann. Neben ungesunder Ernährung oder Bewegungsmangel kann auch die Einnahme bestimmter Medikamente zu unerwarteten Kilos führen. Der Präsident der Landesapothekerkammer Hessen Dr. Christian Ude erläutert: „Bestimmte Wirkstoffe können den Appetit anregen, den Stoffwechsel und das Hormonsystem beeinflussen, körperliche Trägheit begünstigen oder Flüssigkeitseinlagerungen verursachen.“
Wer vermutet, durch Medikamente zuzunehmen, sollte keinesfalls die Einnahme eigenmächtig abbrechen. Stattdessen lohnt sich das Gespräch mit Arzt oder Apotheke, um mögliche Alternativen zu prüfen.
Psychopharmaka: Mehr Gewicht durch veränderte Hirnchemie
Antidepressiva, Antipsychotika und Antiepileptika gehören zu den Medikamenten, die das zentrale Nervensystem beeinflussen – und in vielen Fällen das Gewicht. Antipsychotika wie Olanzapin und Clozapin sowie Antidepressiva können den Hunger steigern und den Kalorienverbrauch senken. Ein positiver Nebeneffekt der Therapie – gesteigerte Lebensfreude – kann ebenfalls zu mehr Appetit führen. Auch Antiepileptika wie Valproinsäure oder Gabapentin können das Gewicht erhöhen
Nicht alle Mittel dieser Gruppen führen automatisch zu einer Gewichtszunahme. Die individuelle Wirkung hängt von Wirkstoff, Dosierung und persönlicher Veranlagung ab.
Diabetesmedikamente und Betablocker: Unerwartete Kilos
Einige ältere Antidiabetika wie Tolbutamid oder Insulinpräparate fördern die Gewichtszunahme, obwohl neue Medikamente wie die sogenannten „Abnehmspritzen“ Gegenteiliges bewirken. Auch Betablocker, die gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden, – etwa Atenolol, Propranolol oder Metoprolol – können den Energieverbrauch senken, den Körper müde machen und das Einlagern von Fett begünstigen. Diese Effekte betreffen vor allem Menschen, die ohnehin mit Übergewicht zu kämpfen haben – hier ist besondere Aufmerksamkeit gefragt.
Cortison, Hormone & Co.
Langfristige Cortisontherapien verändern das Erscheinungsbild: Fettverteilung, Muskelabbau und Wassereinlagerungen sind bekannte Folgen. Ähnliches kann bei Hormonbehandlungen gegen Prostatakrebs oder HIV-Medikamenten auftreten, insbesondere bei Wirkstoffen wie Bictegravir oder Kombinationen mit Abacavir/Lamivudin oder Tenofoviralafenamid/Emtricitabin. Diese Veränderungen sind oft nicht sofort erkennbar, entwickeln sich aber über Wochen und Monate.
Gewichtszunahme ist mehr als ein kosmetisches Problem
Die Wirkstoffe, die dazu führen können, dass Patienten zunehmen, stammen aus ganz unterschiedlichen Arzneimittelgruppen. Die möglichen Folgen sind ernsthaft: Beispielsweise erkranken Übergewichtige häufiger an Bluthochdruck, Gicht oder Typ-2-Diabetes. Aber es existiert auch eine nur scheinbare Zunahme durch Wassereinlagerungen im Körper. Diese können beispielsweise durch hormonelle Verhütungsmittel, das Brustkrebsmedikament Tamoxifen oder das Antiepileptikum Carbamazepin verursacht werden und verschwinden in der Regel, sobald das Medikament abgesetzt wird.
Was hilft? Aufklärung und ärztliche Begleitung
Wer Gewichtsschwankungen bemerkt, sollte dies frühzeitig ärztlich oder in der Apotheke abklären. Besonders aufmerksam sollten Menschen sein, die kürzlich ein neues Medikament begonnen haben und seither trotz gesunder Ernährung zunehmen. In vielen Fällen gibt es wirkungsvolle Alternativen ohne diese Nebenwirkung.
Und wenn nicht? Dann hilft ein bewusster Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung, der medikamentenbedingten Kilos entgegenzuwirken.