Medizinisches Cannabis auch für Kinder?

26.10.2017

Die aktuelle Datenlage spricht bislang nur bei zwei Krankheitsbildern für einen Einsatz von medizinischem Cannabis bei Kindern: Chemotherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen sowie Epilepsie. Zu diesem Schluss kommt ein neues Review, das im Fachjournal „Pediatrics“ veröffentlicht wurde. Selbst in diesen Anwendungsfeldern sei der Nutzen gegenüber den Risiken, die für Kinder und Jugendliche höher liegen als für Erwachsene, genau abzuwägen, mahnen die Autoren.
Forscher haben untersucht, in welchen Fällen medizinisches Cannabis auch Kindern helfen könnte. image.originalResource.properties.copyright

„Aktuell haben wir keine gute Evidenz, dass Cannabis Kindern und Jugendlichen für andere Erkrankungen als Chemotherapie-bedingte Übelkeit und Erbrechen sowie Epilepsie helfen könnte“, sagt Shane Shucheng Wong von der psychiatrischen Abteilung des Massachusetts General Hospitals in den USA. Die Wissenschaftler sichteten die vorhandene Literatur zum Einsatz von Cannabis bei Kindern und Jugendlichen. Nur 21 Veröffentlichungen mit insgesamt 795 Studienteilnehmern entsprachen den Einschlusskriterien und selbst bei vielen dieser Studien ist der Evidenzgrad eher niedrig einzustufen. Nur fünf Studien waren randomisiert kontrolliert, das bedeutet, dass die Studienteilnehmer nach dem Zufallsprinzip in zwei oder mehrere Gruppen aufgeteilt werden. Eine Gruppe erhält z.B. ein neues Medikament oder ein neues Therapieverfahren, die andere Gruppe wird dagegen konventionell therapiert, bekommt ein Placebo oder überhaupt keine Medikation. Bei den anderen handelte es sich um zum Beispiel um Fall- oder Elternberichte.

Sechs Studien untersuchten die Wirksamkeit von Cannabis bei Chemotherapie-bedingter Übelkeit und Erbrechen, davon vier randomisiert kontrolliert. Dabei war die Behandlung mit medizinischem Cannabis der Standardbehandlung mit antiemetischen Medikamenten überlegen. Elf Studien untersuchten den Einsatz bei Epilepsie. Dabei konnte Cannabis die Anfallshäufigkeit reduzieren, sogar bei einigen Patienten, denen bislang keine andere Therapie geholfen hatte.

Ärzte und Familien sollten wissen, wie der bisherige Kenntnisstand ist, um eine Therapieentscheidung treffen zu können und immer einen erfahrenen Spezialisten zu Rate ziehen. Zu Bedenken seien dabei die Risiken für die Hirnentwicklung. So weiß man von der Nutzung zu Genusszwecken, dass Cannabis Lernen, Erinnerungsvermögen, Aufmerksamkeit und Problemlösungskompetenzen negativ beeinflussen kann und die Gehirne von Kindern und Jugendlichen in diesen Bereichen empfindlicher sind als die von erwachsenen Cannabis-Nutzern.

dh/<link www.pharmazeutische-zeitung.de>PZ/NK