Schwerbehindert - Auswirkungen im Beruf

Menschen mit Diabetes können unter bestimmten Voraussetzungen einen Schwerbehindertenstatus erhalten. Dieser kann im Berufsleben durchaus Vorteile bringen, muss aber nicht. Der Rechtsanwalt Oliver Ebert aus Stuttgart, gibt Auskunft, wann man mit dem Antrag auf Feststellung einer

Schwerbehinderung eher abwarten sollte.

Ausschnitt eines Schwerbehindertenausweises
© Doris Heinrichs - Fotolia

Kann der Schwerbehindertenstatus zum Hindernis werden, wenn man eine Anstellung bekommen will?

Ebert: Faktisch nicht mehr, denn es besteht keine Verpflichtung, dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung ungefragt mitzuteilen. Selbst eine entsprechende Nachfrage im Bewerbungsverfahren muss man nicht beantworten oder man darf auch wahrheitswidrig antworten. Wenn der Bewerber es nicht will, muss der potenzielle Arbeitgeber vom Schwerbehindertenstatus also nichts erfahren.

Bei Verbeamtungen kann ein bestehender Diabetes zum Problem werden. Hilft da der Schwerbehindertenstatus?

Ebert: Gerichte haben es bei Entscheidungen zu dieser Thematik ausdrücklich offengelassen, dass für behinderte Menschen andere Regelungen gelten können als für Nichtbehinderte. Dann gelten gesetzliche Sonderregelungen, die vorschreiben, dass (schwer-)behinderte Menschen bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt oder gefördert werden müssen. So kann es passieren, dass ein als schwerbehindert anerkannter Patient mit einer Krankheit bevorzugt eingestellt wird, während der gleiche Patient ohne festgestellte Schwerbehinderung nicht verbeamtet wird.

Welche besonderen Rechte hat man als Arbeitnehmer durch den Schwerbehindertenstatus?

Ebert: Am wichtigsten ist der verbesserte Kündigungsschutz. In der Privatwirtschaft haben Menschen mit festgestellter Schwerbehinderung einen hohen Kündigungsschutz, weil Arbeitgeber unabhängig von der Betriebsgröße zunächst eine Integrationsstelle um Zustimmung bitten müssen. Ohne diese ist die Kündigung schwerbehinderter Menschen nicht zulässig. Das kann dazu führen, dass es für Arbeitgeber schwierig wird, sich von schwerbehinderten Arbeitnehmern zu trennen.

Gibt es Ansprüche auf mehr Urlaub für Schwerbehinderte?

Ebert: Ja, grundsätzlich haben schwerbehinderte Menschen Anspruch auf bis zu fünf Tage Sonderurlaub; dazu gibt es steuerliche Erleichterungen und die Möglichkeit zur vorzeitigen Altersrente.

Ist es auch bei neu auftretendem Diabetes im Berufsleben zu empfehlen, einen Schwerbehindertenstatus zu beantragen?

Ebert: Das ist eine individuelle Entscheidung, weil der Schwerbehindertenstatus auch gewisse Nachteile mit sich bringen kann. Nach momentaner Rechtslage gibt es zwar keine Verpflichtung, den Schwerbehindertenstatus bei der Bewerbung anzugeben, aber wir wissen ja nicht, wie das in zehn Jahren aussieht. Möglicherweise ändern sich die Vorgaben der Rechtssprechung, und wenn der Schwerbehindertenstatus einmal festgestellt ist, hat man vielleicht in Zukunft einen Nachteil. Dann ist zu beobachten, dass immer mehr Risikoversicherungen vor Vertragsschluss nachfragen, ob ein Antrag auf Behinderung gestellt oder festgestellt wurde. Das muss wahrheitsgemäß beantwortet werden. Dann sinken die Chancen, eine solche Versicherung abschließen zu können. Und es gibt psychologische Aspekte, gerade wenn für Kinder oder für Jugendliche ein Ausweis ausgestellt wird. Dadurch könnte es möglicherweise zu Minderwertigkeitskomplexen oder Persönlichkeitsstörungen kommen.

Also sollten Eltern chronisch kranker Kinder nicht vorschnell einen Schwerbehindertenausweis beantragen?

Ebert: Generell sollte man das genau überlegen. Gerade für Jugendliche oder junge Erwachsene, die am Anfang ihres Berufslebens stehen oder vielleicht noch gar keinen Arbeitsplatz haben, bringt der erhöhte Kündigungsschutz oder die Möglichkeit zur vorzeitigen Altersrente erst mal relativ wenig. Der Steuervorteil, der mit dem Schwerbehindertenausweis verbunden ist, hält sich auch in Grenzen.

Für Eltern diabetischer Kinder gibt es aber die Möglichkeit, für das Kind einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen und zugleich das Merkzeichen "H" für hilflos zu bekommen. Das wird bis zum 16. Lebensjahr ausgestellt und bedeutet für die Eltern einen Steuerfreibetrag von 3.700 Euro und zusätzliche steuerliche Vergünstigungen. In der Regel wird der Ausweis zwar nicht über das 16. beziehungsweise 18. Lebensjahr hinaus verlängert, aber der Umstand, dass er beantragt wurde, ist aktenkundig und müsste bei Versicherungen auf Nachfrage angegeben werden. Und ein häufiges Missverständnis der Eltern ist auch, dass die steuerlichen Vergünstigungen Auszahlungsbeträge seien. Tatsächlich handelt es sich aber nur um einen Steuerfreibetrag. Jemand, der über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügt, hat davon nur wenig oder gar nichts.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Dr. Frank Schäfer.

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