Tic-Störungen: Netzwerk im Gehirn als Ursprung erkannt

ZOU | 20.01.2022

Die genauen Ursachen für Tics wie ständiges Räuspern oder Blinzeln sind nicht wirklich geklärt: Man konnte ganz unterschiedliche Hirnregionen ausmachen, die dabei eine Rolle spielen. Ein Forschungsteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat nun herausgefunden, dass diese Hirnregionen über ein Netzwerk miteinander verbunden sind.
Tic-Störungen können sich durch häufiges Blinzeln, Räuspern oder Zuckungen bemerkbar machen. image.originalResource.properties.copyright

Aus Befunden von 22 Personen, die nach einem Unfall oder Schlaganfall an einer Tic-Störung litten, haben Forscher herausgesucht, wo genau es im Gehirn zu Verletzungen gekommen war. Diese Hirnregionen haben sie mit einem „Schaltplan“ abgeglichen, der anhand von Hirnscans von mehr als 1000 Gesunden entstanden ist. Im Gehirn sind nämlich ganz unterschiedliche Regionen durch gemeinsame Nervengeflechte verbunden und arbeiten zusammen.

Es stellte sich heraus, dass die betroffenen Hirnregionen bei Menschen mit Tic-Störungen zu einem bestimmten Netzwerk gehörten, an dem verschiedene Orte im Gehirn beteiligt sind. Bassam Al-Fatly von der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie erläutert: „Diese Strukturen sind praktisch über das gesamte Gehirn verteilt und haben unterschiedlichste Funktionen.“ Sie alle wurden in der Vergangenheit bereits als mögliche Auslöser für Tics diskutiert. Einen eindeutigen Beweis dafür gab es bisher jedoch nicht. Ein Zusammenhang zwischen diesen Strukturen war Al-Fatly zufolge unbekannt. „Jetzt wissen wir, dass diese Hirnbereiche ein Netzwerk bilden und tatsächlich die Ursache für Tic-Störungen sein können.“

Diese neuen Erkenntnisse, die in der Fachzeitschrift „Brain“ veröffentlicht wurden, könnten auch für die Behandlung von Menschen mit schweren Tic-Störungen relevant sein: Beim Tourette-Syndrom, das mit ausgeprägten motorischen und/oder vokalen Tics einhergeht, können „Hirnschrittmacher“ die Symptome bessern. Je präziser die Elektroden das Tic-Netzwerk stimulieren, umso besser funktioniert die Behandlung.

Quelle: DOI 10.1093/brain/awac009