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Vermeintliche Wunderwaffen bei Krebs: Was ist dran?

30.08.2019

Mit Brokkoli oder Cannabis gegen Krebs: Immer wieder geistern Meldungen über Substanzen durch die Medien, die eine krebsheilende Wirkung haben sollen. Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) erläutert an drei Beispielen, wieso nicht jeder Schlagzeile Glauben geschenkt werden darf.

Vermeintliche Wundermittel bei Krebs sind häufig gar keine.
Brokkoli ist gesund, keine Frage. Doch dass das Gemüse Krebszellen töten kann, ist nicht bewiesen.
© serezniy/iStockphoto

„Ich habe gehört, es gibt da etwas Neues“: So beginnen viele Anfragen an den Krebsinformationsdienst. Vor allem Betroffene und Angehörige durchforsten Medien und Internet intensiv auf der Suche nach einer neuen, wirksamen und möglichst nebenwirkungsarmen Therapie. „So verständlich das ist, oft müssen wir die Menschen leider enttäuschen. Denn zu vielen vermeintlichen Wundermitteln gibt es noch keine klinischen Studien, die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wissenschaftlich belegen“, sagt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes am DKFZ. In der Regel handelt es sich um allererste Hinweise auf einen möglichen medizinischen Nutzen gegen Krebs, die aus Tier- oder Zellkultur-Experimenten stammen oder aber um sehr frühe Stadien in der klinischen Entwicklung. Wirksamkeit, Sicherheit, Verträglichkeit und viele weitere relevante Fragestellungen sind noch nicht erforscht und geprüft.

Beispiel Sulforaphan

Der sekundäre Pflanzenstoff Sulforaphan ist in hoher Konzentration vor allem in Brokkoli enthalten. Im Internet wird er als vielversprechender Wirkstoff gegen Krebs und andere Erkrankungen angepriesen – inklusive zahlreicher Bezugsquellen. Was ist dran? Das Ergebnis einiger epidemiologischer Studien weist darauf hin, dass das Senföl Sulforaphan bzw. der Verzehr von sulforaphanhaltigen Gemüsesorten zur Vorbeugung von Krebs nützlich sein könnte. Ergebnisse zur Behandlung von Krebs gibt es zurzeit allerdings praktisch nur aus Zellkultur- oder Tierversuchen. Allererste klinische Studien zur Behandlung von Patienten mit Prostatakrebs ergaben nur begrenzt Hinweise auf eine krebstötende Wirkung. Weitere Studien bei Personen mit Krebsvorstufen und zur Behandlung von Krebspatienten sind gerade angelaufen. Bisher wird Sulforaphan in den Leitlinien oder von Fachgesellschaften weder zur Krebsprävention noch zur Therapie empfohlen.

Beispiel Cannabis

Mit Cannabis könne Krebs geheilt werden, ist ebenfalls an manchen Stellen im Internet zu lesen. „Das ist so nicht richtig“, erläutert Weg-Remers. „Es stimmt zwar, dass der Einsatz von Cannabisarzneimitteln seit März 2017 unter bestimmten Voraussetzungen zur Behandlung von Krebspatienten zugelassen ist. Allerdings handelt es sich dabei um Therapien zur Linderung von Symptomen. Das heißt aber keineswegs, dass Cannabis das Krebswachstum bremsen kann.“ Zurzeit werden Untersuchungen zu Cannabis als Krebstherapie im eigentlichen Sinne vor allem an Zellkulturen und in Tierversuchen durchgeführt, mit bisher widersprüchlichen Ergebnissen. Demnach können Inhaltsstoffe von Cannabis im Experiment eine krebshemmende wie auch eine krebsfördernde Wirkung haben. Noch völlig offen ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob sich die Ergebnisse überhaupt auf den Menschen übertragen lassen. Beim Menschen gibt es bisher nur einige wenige Einzelfallberichte, in denen Cannabispräparaten eine mögliche Wirkung gegen Krebs zugeschrieben wurde.

Beispiel Dichloracetat (DCA)

Auch diese Substanz, das Salz der Dichloressigsäure, wird als Wundermittel gegen Krebs gehandelt. Die Hinweise stammen jedoch ebenfalls hauptsächlich aus der Grundlagenforschung. Ob DCA auch zur Krebstherapie beim Menschen wirksam und sicher ist, muss noch in großen klinischen Studien untersucht werden. Trotz dieser noch nicht abgeschlossenen Forschung gibt es auch in Deutschland Anbieter, die mit der Wirksamkeit werben und unter Umgehung arzneimittelrechtlicher Bestimmungen Dichloracetat als Chemikalie in Pulver- oder Kapselform anbieten. Patienten müssen wissen, dass sie das Produkt nicht nur auf eigene Rechnung, sondern auch auf eigenes Risiko kaufen. Denn die internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stuft Dichloracetat sogar als möglicherweise krebserregend ein.

"Wundermittel" sind manchmal sogar schädlich

Ein weiteres Problem: Bei der Einnahme von ungeprüften Substanzen kann es zu schädlichen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen kommen. „Zu Recht ist der Weg von einem potenziellen Wirkstoff im Labor bis zu einem zugelassenen Medikament ein langwieriger und hochkomplexer Prozess, bei dem in jeder Hinsicht auf Nummer sicher gegangen wird“, sagt Weg-Remers. Oft muss eine zunächst vielversprechende Substanz verworfen werden, weil sie sich im Laufe ihrer umfangreichen klinischen Prüfung als ungeeignet, unwirksam oder unsicher erweist. Auch dies ist zu bedenken, wenn Substanzen zur Krebstherapie angepriesen werden, die nicht als Medikament zugelassen sind.

NK

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