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Was Dauerstress mit unserem Körper macht

27.03.2019

Viele Menschen fühlen sich chronisch gestresst. Was das für die Gesundheit bedeutet und was gegen anhaltenden Stress helfen kann, erläutert Professor Dr. Jörg Bojunga vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie.

Dauerstress tut unserem Körper nicht gut.
Schlafstörungen, Kopfschmerzen, mangelnde Libido: Stress kann sich auf unterschiedliche Weise bemerkbar machen.
© Kinga Cichewicz, Unsplash

Was passiert im Körper, wenn wir unter Stress stehen?

Bojunga: Die Stressreaktion ist eine natürliche Reaktion auf Gefahren. Über eine Aktivierungskette werden Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol freigesetzt. Diese bewirken, dass der Körper Energie zur Verfügung stellt, man schwitzt, die Muskeln spannen sich an, Blutdruck und Blutzucker steigen, das Schmerzempfinden wird herabgesetzt. Im Prinzip eine archaische Kampf- oder Flucht-Reaktion, die aber auch heute noch immens wichtig ist. Denn sie versetzt uns in die Lage, Höchstleistungen zu erbringen. Probleme entstehen, wenn der Zustand dauerhaft anhält.

Welche Auswirkungen kann das für die Gesundheit haben?

Bojunga: Die Auswirkungen von anhaltendem Stress sind vielfältig. Besonders häufig kommt es zum Beispiel zu Schlafstörungen. Eine schlechte Ernährung, Alkoholkonsum, der Rückzug aus sozialen Aktivitäten, stundenlanges Fernsehen bis hin zu Depressionen sind weitere mögliche Folgen. In vielen Fällen leidet auch das Liebesleben. Der Körper fährt die Sexualhormone herunter und die Libido nimmt ab. Bei manchen Frauen kommt es zu Zyklusstörungen, bei Männern zu Erektionsproblemen. Darüber hinaus gilt Dauerstress als Risikofaktor für chronische Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes. Ein hoher Cortisol-Spiegel etwa lässt den Blutzuckerspiegel ansteigen und wirkt sich auch auf das Immunsystem aus. Schmerzen sind übrigens ebenfalls häufig Anzeichen einer Stress-Überforderung, wobei Frauen eher zu Kopfschmerzen neigen, Männer zu Rückenschmerzen.

Zeigt sich Stress am Blutbild?

Bojunga: Nein, Bluttests geben hier keine verlässliche Auskunft. Adrenalin hat zum Beispiel eine sehr kurze Halbwertszeit, so dass man es nicht sinnvoll messen kann. Und auch der Kortisol-Wert sagt nicht viel aus. Ein Bluttest ersetzt auf keinen Fall ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt über die persönliche Lebenssituation.

Was kann man tun, um gegenzusteuern?

Bojunga: Es gibt individuell verschiedene Lösungsstrategien, mit Stress umzugehen. Für manche sind Yoga, Atemübungen oder Progressive Muskelentspannung das Richtige, andere treiben Sport, wieder andere wandern, musizieren oder kochen gerne. Im Prinzip geht es immer darum, sich Raum für Auszeiten zu nehmen und runterzukommen. Stressbewältigung bedeutet aber auch, das Vertrauen zu gewinnen, dass man seinen Alltag bewältigen kann. Was kann ich mir zumuten? Welche Konflikte kann ich lösen und was muss ich akzeptieren? Psychische Widerstandskraft oder Resilienz lässt sich übrigens schon mit Kindern und Jugendlichen trainieren.

Wie sieht es mit Beruhigungsmitteln oder pflanzlichen Präparaten aus?

Bojunga: Viele Mittel zur Stressbewältigung, die von außen zugeführt werden, haben ein gewisses Missbrauchspotenzial. Das gilt nicht für klassische Beruhigungstees oder Baldrian, aber zum Beispiel für synthetische Beruhigungs- oder Schlafmittel. Diese sind zur Stressbewältigung dauerhaft nicht geeignet. Kurz gesagt: Wenn ich an meiner Situation nichts ändern kann, dann ändern auch Tabletten nichts.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Hanke Huber.

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