Wie sinnvoll sind Gentests vor der Schwangerschaft?

ZOU | 31.08.2022

In den USA werden häufig schon vor einer Schwangerschaft Gentests durchgeführt, um herauszufinden, ob die potenziellen Eltern unwissentlich Träger seltener Erbkrankheiten sind. Während die Tests bei blutsverwandten Personen – z. B. Cousin und Cousine – knapp die Hälfte solcher Erbkrankheiten vorhersagen können, gelingt dies bei anderen Paaren nur zu fünf Prozent.
Gentests vor einer Schwangerschaft erkennen nur einen kleinen Teil des Risikos. image.originalResource.properties.copyright

Bis auf die Geschlechtschromosomen sind alle Chromosomen doppelt vorhanden. Ist ein Gen darauf defekt, so kann in vielen Fällen das des anderen Chromosoms einspringen. Dann kommt es nur zu einer Erbkrankheit, wenn beide Gene defekt sind. Gentests können ein Risiko für solche Erbkrankheiten aufdecken, denn wenn beide Elternteile unbemerkt Träger des gleichen Gendefekts sind, könnten sie diesen gleichzeitig an ihr Kind vererben, was eine schwere Krankheit verursachen würde.

Es klingt verlockend, solch ein Risiko vorher zu kennen, so dass Paare sich bewusst für oder gegen ein Kind entscheiden können. Doch eine Schweizer Studie zeigt, dass Gentests das Risiko deutlich schlechter vorhersagen, als man es sich wünschen würde. Für die Studie wurden bei 700 Eltern mehr als 3000 Gene getestet, von denen viele Entwicklungsstörungen, geistige Behinderungen, Autismus oder andere Erkrankungen verursachen können.

Prof. Dr. Anita Rauch, Direktorin für Medizinische Genetik an der Universität Zürich, sagte: „Wir konnten zeigen, dass mit solch breiten Gentests bei den Eltern etwa 44 Prozent des Risikos für eine schwere Entwicklungsstörung des Kindes erkannt werden, wenn beide miteinander blutsverwandt sind.“ Waren die Partner nicht miteinander verwandt, fiel der Nutzen deutlich geringer aus: Es wurden nur noch etwa fünf Prozent des Risikos erkannt, und dies auch nur, wenn alle bekannten Gene untersucht wurden. In den USA wird dagegen empfohlen, nur die häufigsten Gene zu untersuchen. Dann „verringert sich die Risikoerkennung nochmals um mehr als die Hälfte, weil auch hier seltenere Gene eine Rolle spielen“, erklärte Rauch.

Quelle: DOI 10.1038/s41525-022-00316-x