Lungenkrebs: Mikrowellen verbrennen Metastasen

Viele bösartige Tumore streuen in andere Teile des Körpers, bilden Tochtergeschwülste. Besonders die Lunge ist betroffen. Ein neues Verfahren verbessert jetzt die Überlebenschancen Betroffener. Dabei zerstören Frankfurter Wissenschaftler Krebszellen mit Mikrowellen.

Altes Paar spaziert einen Weg entlang
Lungenkrebs ist die Krebsart mit der schlechtesten Prognose. Um so Hoffnung erregender, dass jetzt ein Verfahren zur Verfügung steht, das die Überlebenschancen vieler Betroffener verbessert.
© mauritius images

Ein Frankfurter Wissenschaftsteam unter der Leitung von Professor Dr. Thomas Vogl behandelte Krebspatienten, bei denen sich Lungenmetastasen gebildet hatten, mit der sogenannten Mikrowellenablation. Ablation steht für Abtragung. Mit ihren Forschungsergebnissen gingen die Mediziner kürzlich an die Öffentlichkeit und haben dabei auch international sehr viel Beachtung gefunden.

Bei dem Mikrowellenverfahren wird unter lokaler Betäubung eine Sonde durch die Haut geführt. Mit dieser werden Mikrowellen gezielt auf den Tumorherd geleitet. Die Bestrahlung dauert nur fünf bis zehn Minuten. "Die Krebszellen werden bei 90 bis 100 Grad Celcius regelrecht verbrannt", erklärt Vogl, Leiter des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, im Gespräch mit der Neuen Apotheken Illustrierten. Mit Hilfe von Echtzeitbildern aus dem Computertomographen (CT) wird der Eingriff fortlaufend beobachtet und kontrolliert.

Gesundes Gewebe wird geschont

Durch die genaue Ansteuerung des Tumorherdes wird gesundes Gewebe geschont. "Wir verbrennen den Tumor und sicherheitshalber einen Raum von fünf Millimetern außen herum", informiert der Radiologe. Die extrem niedrige Komplikations- und Nebenwirkungsrate sprächen für sich. Vogl: "Das umliegende Gewebe wird maximal geschont und bleibt unbehelligt. Das ist möglich, weil die Lunge ein relativ guter Isolator ist. Sie besteht aus einem Lungengerüst, dazwischen sitzen die luftgefüllten Lungenbläschen.

An der Stelle, wo die Mikrowellen auftreffen, wächst in der Regel nichts mehr nach. "Das ist ähnlich einer Stelle auf der Haut, an der man sich verbrennt. Da bleibt eine Verbrennungsnarbe, die sich über die Jahre wieder zurückbildet. Die Patienten, die mit der Mikrowellenmethode behandelt werden, haben eine gute Überlebenschance. Sie ist zumindest vergleichbar wie bei herkömmlichen Behandlungsmethoden, also wie bei einer operativen Entfernung tumorösen Gewebes, mit Chemo- oder Strahlentherapie. Außerdem können mit dem Mikrowellenverfahren viele Patienten behandelt werden, die aufgrund ihres Alters oder einer schlechten Lungenfunktion nicht mehr operiert werden können.

Erfolgreiche Studie mit dem Verfahren

Für eine Studie, die die Wissenschaftler jüngst veröffentlichten, wurden 130 Tumore bei 80 Teilnehmern behandelt. Davon konnten 95 komplett entfernt werden. Nach einem Jahr lebten noch mehr als 90 Prozent der Patienten, nach zwei Jahren 75 Prozent.

Zwar ist die Mikrowellenmethode prinzipiell für jede Art von Lungenprimärtumor oder Lungenmetastasen geeignet. Doch "die Größe und die Lage des Tumorherdes sind für den Erfolg der Therapie entscheidend", schränkt Professor Vogl ein.

Schlechte Chancen bei zu vielen Krebsherden

"Patienten, die nicht profitieren konnten, hatten entweder zu große Tumoren oder die Lage war zu zentral. Die Behandlung bei am Rande liegenden Metastasen verläuft nämlich deutlich besser als bei zentral in der Lunge liegenden. Wir halten uns eisern an die Dreierregel: Der Erfolg bei einem Tumor mit einer Größe von drei Zentimetern oder weniger ist signifikant höher als bei größeren Herden. Außerdem behandeln wir pro Seite maximal drei Herde. Krebsmediziner wissen, dass Patienten, die mehr als drei Tumore pro Lungenflügel haben, eher schlechte Chancen haben. Sie streuen schneller oder haben häufig noch Mikrometastasen an an deren Stellen."

Es gibt noch andere in der Erprobung befindliche schonende, minimal invasive Behandlungsverfahren wie die Laserbehandlung oder die Radiofrequenztherapie mit Strom. Im Vergleich dazu sieht Vogl die Mikrowellenablation klar vorne: "Der Laser hat zwar den Vorteil, dass man ihn gut steuern kann. Aber an der Lunge hat er sich nicht etabliert. Strom hat den Nachteil, dass er durch den Körper fließt und sich unterschiedlich verteilt. Mikrowellen bieten dagegen eine verlässliche Energie. Sie strahlen extrem präzise in das Gewebe ein. Der Effekt ist ähnlich, wie wenn man Popcorn in der Mikrowelle herstellt. Es poppt auf, es verdampft regelrecht. Wir sprechen von einer kompletten Auflösung des Tumors."

Die Behandlung ist schonend und geht schnell

Inwieweit stellt das Verfahren eine Verbesserung der Therapie dar? "Die Verbesserung ist die, dass man den Patienten maximal schont. Diese Behandlung reißt ihn nicht aus seinem Leben heraus, indem er längere Zeit im Krankenhaus ist. Das Verfahren ist ambulant durchführbar und ermöglicht eine gute Lebensqualität ohne medizinische Einschränkungen. Und es geht schnell." Die Mikrowellen-Generatoren stehen derzeit in sechs deutschen Kliniken, die an ein Lungenzentrum angeschlossen sind, so etwa in München oder Berlin. "Die Therapie muss man in einem krebsmedizinischen Gesamtkonzept sehen. Befürworten die an der Betreuung des Patienten beteiligten Mediziner die Therapie, übernehmen die Krankenkassen die Kosten des Verfahrens", informiert Vogl.

Apothekerin Elke Wolf

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