Nahrungsergänzungsmittel auf Social Media: Häufig falsche Versprechen

Pharmazeutische Zeitung  |  11.11.2025 15:00 Uhr

Von Detox bis Immunboost: Viele Tipps zu Nahrungsergänzungsmitteln auf Social Media sind irreführend. Eine Studie weist auf Schwierigkeiten hin.

Frau nimmt sich mit Smartphone auf, während sie eine orangene Lutschpastille in die Kamera hält und lächelt. Hinter ihr lehnt eine Tafel zu B-Vitaminen.
Social Media-Beitrag zu Nahrungsergänzungsmitteln? Viele davon sind Werbung, ohne entsprechend markiert zu sein, so ein Forschungsteam.
© RossHelen/iStockphoto

Nahrungsergänzungsmittel – kurz NEM – sind beliebt wie nie. Doch wer im Internet nach Informationen sucht, landet schnell bei Videos und Posts, die mehr versprechen, als sie halten.

“Social Proof-Effekt” für Fehl- und Desinformationen

Laut Forschenden der Universität Lübeck sind besonders in sozialen Medien Fehl- und Desinformationen weit verbreitet. Likes und Shares erzeugen einen sogenannten Social-Proof-Effekt: Wenn viele Menschen einen Beitrag positiv bewerten, wirkt er automatisch glaubwürdiger – auch wenn der Inhalt falsch ist.

Influencer-Marketing statt neutraler Information

Viele Fitness-Influencer machen Werbung für Nahrungsergänzungsmittel – oft, ohne dies kenntlich zu machen. Laut den Forschenden zeigen 71 Prozent der Fitness-Posts eine Markenpräsenz, 75 Prozent bewerben Nahrungsergänzungsmittel – aber nur 6 Prozent sind als Werbung gekennzeichnet. So entsteht der Eindruck, es handele sich um persönliche Empfehlungen. 

Dies unterstreicht auch eine YouTube-Analyse zu Multinährstoffpräparaten. Bei 84 Prozent der Videos wurden keine potenziellen Risiken erwähnt. Zudem wurden 90 Prozent der Instagram-Werbeaussagen zu NEM als unzulässig eingestuft.

Angaben zu Inhaltsstoffen, Dosierungen und Risiken fehlen oft

Das Problem: Häufig fehlen korrekte Angaben zu Inhaltsstoffen, Dosierung und Risiken. Hinzu kommen übertriebene Versprechen wie „Detox“, „Anti-Aging“ oder „Immunboost“, die oft gegen die EU-Verordnung zu Gesundheitsversprechen (Health-Claims) verstoßen. 

Werbung wirkt: Jede oder jeder Fünfte mit Akne folgt Empfehlungen von Social Media

Dies ist bedenklich, da durch die mangelhaften Informationen nicht nur Fehlkäufe gefördert, sondern auch Gesundheitsrisiken in Kauf genommen werden. Denn durch die geringe Fachkenntnis werden vielfach Kompetenzen überschätzt und riskante Selbstmedikationsentscheidungen getroffen. 

Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass knapp 21 Prozent der Befragten unter Patienten, die an Akne litten, den Empfehlungen in den sozialen Medien folgten. In einer aktuellen Befragung unter 320 Patientinnen mit Brustkrebsdiagnose stieg der Anteil derer, die Nahrungsergänzungsmittel einnahmen, von 20 Prozent vor der Diagnose auf fast 65 Prozent.

Chancen von Social Media für wissenschaftlich fundierte Informationen

Trotz der Risiken sehen die Forschenden auch Chancen. Seriös gestaltete Beiträge in sozialen Medien können helfen, wissenschaftlich fundierte Informationen leicht verständlich und attraktiv zu vermitteln. Hashtags wie zum Beispiel #dietpills werden bereits genutzt, um kritisch über Risiken aufzuklären oder gesunde Entscheidungen zu fördern.

Empfehlungen für bessere, digitale Gesundheitskommunikation

Die Autorin Emma C. Gauch und Prof. Dr. Martin Smollich fordern ein Umdenken in der digitalen Gesundheitskommunikation.
Zu ihren Empfehlungen gehören:

  • Mehr Aufklärung durch Fachgesellschaften und Behörden – emotional, verständlich und direkt in sozialen Medien
  • Ein Qualitätssiegel für vertrauenswürdige „Medfluencer“
  • Schnelles Richtigstellen falscher Informationen durch professionelle Fact-Checking-Teams
  • Bessere Schulung von Fachkräften für digitale Kommunikation
  • Stärkere Kontrolle von Online-Werbung durch Verbraucherschutzbehörden

Langfristig müsse auch die Politik die Algorithmen der Plattformen regulieren, um irreführende Inhalte weniger sichtbar zu machen.

Bedeutung von Social Media für die Bevölkerung

Soziale Medien prägen zunehmend das Gesundheitswissen der Bevölkerung, insbesondere zu Nahrungsergänzungsmitteln. Fehl- und Desinformation stellen ein akutes Risiko für die öffentliche Gesundheit dar. Allerdings bieten sich auch kommunikative Chancen. Daher sollten Behörden, Wissenschaft, Fachgesellschaften und Plattformbetreiber für eine digitale Ernährungs- und Gesundheitskommunikation fachübergreifend zusammenarbeiten.

DOI: 10.1007/s00103-025-04138-x

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