Es gibt Personen, die beim Hören von Musik keinerlei Freude empfinden – obwohl ihr Gehör völlig intakt ist. Dieses Phänomen nennen Fachleute „spezifische musikalische Anhedonie“. Die Betroffenen können Töne, Melodien und Rhythmen ganz normal wahrnehmen – empfinden dabei aber kein Glücksgefühl.
Ursache liegt im Gehirn – nicht in den Ohren
Wissenschaftler der Universität Barcelona haben nun den Grund für diese spezielle Form der Gefühllosigkeit gegenüber Musik gefunden. Das Problem liegt offenbar in der fehlenden Vernetzung zwischen dem Hörzentrum und den Belohnungsschaltkreisen im Gehirn. „Dieser Mangel an Freude an Musik erklärt sich durch eine Trennung des Belohnungs- vom auditorischen Netzwerk – nicht durch die Funktion des Belohnungssystems an sich“, erklärt der Neurowissenschaftler Josep Marco-Pallarés.
Nur Musik bleibt freudlos – andere Reize wirken
Spannend: In anderen Situationen reagiert das Belohnungssystem bei den Betroffenen ganz normal. Beim Gewinn von Geld etwa zeigen die Hirnscans typische Aktivitätsmuster. Ernest Mas-Herrero, ebenfalls Teil des Forschungsteams, ergänzt: „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass möglicherweise nicht nur die Aktivierung dieses Netzwerks wichtig ist, sondern auch, wie es mit anderen Hirnregionen interagiert, die für die Verarbeitung der einzelnen Belohnungsarten relevant sind.“
Könnte auch andere Genussformen betreffen
Die Forscher vermuten, dass ähnliche Mechanismen auch bei anderen Formen von Anhedonie eine Rolle spielen könnten – etwa beim fehlenden Genuss von Essen. Möglicherweise liegt auch hier eine gestörte Vernetzung zwischen sensorischen und Belohnungssystemen vor.
Aktuell arbeitet das Team daran, Gene zu identifizieren, die an der spezifischen musikalischen Anhedonie beteiligt sein könnten. Gleichzeitig möchten sie herausfinden, ob diese Eigenschaft angeboren ist oder sich im Laufe des Lebens verändert.