Autoimmunerkrankungen

19.12.2011

Bei Autoimmunerkrankungen richten sich Teile des körpereigenen Abwehrsystems gegen den eigenen Organismus.

Was ist das? – Definition

Autoimmunerkrankungen haben viele Gesichter – rund 60 kennt man heute. Allen gemeinsam ist, dass sich Teile des körpereigenen Abwehrsystems gegen den eigenen Organismus richten. Zu den Autoimmunerkrankungen gehören zum Beispiel:

Eine Autoimmunerkrankung kann auf bestimmte Organe begrenzt bleiben, zum Beispiel die Schilddrüse, aber auch ganze Organsysteme angreifen. Außerdem können Mischformen mehrerer Autoimmunerkrankungen auftreten.

Wie kommt es dazu? – Mögliche Ursachen

Einen Teil des körpereigenen Abwehrsystems bilden die sogenannten T-Zellen. Im Gegensatz zu spezifischen Antikörpern bildet der Organismus sie nach dem "Schrotschusssystem". Dabei bilden sich immer auch T-Zellen, die sich gegen körpereigene Gewebe richten können – auch beim Gesunden. Damit die schädigende Reaktion unterbleibt, müssen die T-Zellen eine Art Sortieranlage passieren: Diejenigen, die zu körpereigenen Strukturen passen, werden ausgesondert und vernichtet. Arbeitet diese Sortierstation nicht zuverlässig, können solche T-Zellen in den Kreislauf gelangen und körpereigene Gewebe angreifen.

Warum nun manche Menschen eine (oder mehrere) Autoimmunerkrankung(en) bekommen und andere nicht, wissen auch Experten noch nicht genau. Sie gehen davon aus, dass eine entsprechende Veranlagung (genetische Disposition) und bestimmte äußere Einflüsse aufeinander treffen müssen ("bad genes and bad luck" – schlechte Gene und Pech). Für die Annahme spricht, dass Autoimmunerkrankungen zuweilen familiär gehäuft auftreten. Als Auslöser kommen zudem manche viralen oder bakteriellen Infektionen in Frage. Erkennungsmerkmale einiger Erreger ähneln dabei denen körpereigener Strukturen, sodass das Immunsystem fälschlicherweise beide angreift.

Wie behandelt man sie? - Therapiemöglichkeiten

Derzeit gibt es kaum Möglichkeiten, Autoimmunerkrankungen "an der Wurzel zu packen". In den meisten Fällen erhalten Patienten Arzneimittel, die Entzündung und überschießende Immunreaktion hemmen. Dies gelingt zum Beispiel mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Corticosteroide, also Abkömmlingen des körpereigenen Entzündungshemmers Kortison. Da dies bei der meist notwendigen langen Behandlungsdauer und bei höherer Dosierung oft Nebenwirkungen (zum Beispiel "Vollmondgesicht" oder Osteoporose) mit sich bringt, haben Wissenschaftler nach Möglichkeiten gesucht, die fehlgeleitete Immunreaktion gezielter zu unterdrücken. Dies führte zur Entwicklung verschiedener sogenannter monoklonaler Antikörper. Dabei handelt es sich um Antikörper, die jeweils an ganz bestimmte Zielzellen "andocken" und so die Bildung krankheitsfördernder Botenstoffe oder Zellen unterbinden. Dass unter anderem Morbus Basedow, Rheumatoide Arthritis oder Multipler Sklerose gemeinsame Mechanismen zugrunde liegen, erklärt, dass ein und derselbe Wirkstoff gegen so verschiedene Erkrankungen eingesetzt werden kann.

Das bedeutet jedoch nicht, dass alle diese Erkrankungen vom selben (Fach-)Arzt behandelt werden können. So gehören rheumatische Erkrankungen in die Hand eines Rheumatologen, für Schilddrüsenerkrankungen sind Endokrinologen zuständig und für Multiple Sklerose unter anderem Neurologen. Für viele Autoimmunerkrankungen gibt es außerdem spezielle Therapiemöglichkeiten, zum Beispiel Schilddrüsenhormone und Schilddrüsenhemmstoffe bei Hashimoto Thyreoiditis oder Morbus Basedow.

Für die Patienten mit Autoimmunerkrankungen bedeutet die Diagnose häufig, dass eine Zeit des Grübelns über Beschwerden unklarer Herkunft ein Ende hat – und meist, dass sie sich auf einen lebenslangen Begleiter einstellen müssen, denn Autoimmunerkrankungen sind chronische Erkrankungen.

Apothekerin Maria Pues