Überblick
Aus medizinischer Sicht spricht man von Bettnässen (Enuresis nocturna), wenn Kinder älter als fünf Jahre sind und mindestens zwei Mal pro Monat über einen Zeitraum von drei Monaten im Schlaf einnässen – ohne organische Ursache.
Diese Form des nächtlichen Einnässens ist deutlich von gelegentlichen „Unfällen“ bei Kleinkindern zu unterscheiden. Sie kann für Kinder und Eltern gleichermaßen belastend sein, ist aber in vielen Fällen gut behandelbar.
Symptome
Die Ausprägung des Bettnässens kann stark variieren – von gelegentlichen nächtlichen Vorfällen bis hin zu fast täglichem Einnässen. Häufige Merkmale sind:
- Unkontrollierte Urinausscheidung im Schlaf – meist ohne dass das Kind davon aufwacht
- Fehlende Wahrnehmung des Harndrangs – das Kind erkennt den Blasenfüllstand nicht rechtzeitig
- Keine körperlichen Beschwerden – in der Regel bestehen weder Schmerzen noch andere körperliche Symptome
- Psychische Belastung – viele betroffene Kinder entwickeln Schamgefühle, ziehen sich sozial zurück oder zeigen Unsicherheit
Verlauf
In den meisten Fällen verschwindet Bettnässen mit zunehmendem Alter von selbst – etwa 15 Prozent der betroffenen Kinder werden pro Jahr spontan trocken. Ohne Behandlung kann das Problem jedoch bis ins Jugend- oder sogar Erwachsenenalter bestehen bleiben.
- Bis 5 Jahre: Einnässen ist in diesem Alter meist normal – die Blasenkontrolle reift noch. Etwa 15 Prozent der Fünfjährigen sind betroffen.
- 6 bis 10 Jahre: Die soziale Belastung steigt, z. B. bei Klassenfahrten oder Übernachtungen. Rund 10 Prozent der Siebenjährigen nässen weiterhin ein.
- Jugend & Erwachsene: 1 bis 2 Prozent der Jugendlichen und ca. 0,5 Prozent der Erwachsenen sind betroffen – oft verbunden mit Scham, Rückzug und Einschränkungen im Alltag.
Ursachen für Bettnässen
Bettnässen (Enuresis nocturna) kann verschiedene körperliche und psychische Auslöser haben – meist liegt eine Kombination mehrerer Faktoren vor:
- Verzögerte Reifung: Die Blasenkontrolle entwickelt sich langsamer.
- Tiefer Schlaf: Der Harndrang wird im Schlaf nicht wahrgenommen.
- Genetische Veranlagung: Häufige familiäre Häufung.
- Emotionale Belastungen: Etwa durch familiäre Veränderungen oder Stress.
- Hormonelles Ungleichgewicht: Zu wenig ADH führt zu erhöhter nächtlicher Urinproduktion.
- Geringe Blasenkapazität: Die Blase ist schnell gefüllt, bevor das Kind erwacht.
Diagnose
Die Abklärung des Bettnässens erfolgt schrittweise und zielt darauf ab, körperliche Ursachen auszuschließen und das individuelle Muster zu erkennen:
- Anamnese: Ausführliches Gespräch mit Eltern und Kind über das Einnässen, Tagesabläufe und mögliche Belastungen.
- Ausschluss organischer Ursachen: Untersuchung auf Harnwegsinfekte, neurologische Erkrankungen, Diabetes oder anatomische Fehlbildungen.
- Miktionstagebuch: Dokumentation von Trinkmengen, Toilettengängen und Einnässen über mehrere Tage – hilft, Zusammenhänge und Muster zu erkennen.
Behandlung: So lässt sich Bettnässen therapieren
Die Therapie wird individuell angepasst – je nach Alter des Kindes, Schweregrad und möglicher Ursache. Ziel ist es, Druck zu nehmen und das Kind sanft zur Trockenheit zu begleiten.
1. Verhaltenstherapie (Basismaßnahme)
- Flüssigkeitsmanagement: Viel trinken tagsüber, ab spätem Nachmittag Flüssigkeitszufuhr reduzieren.
- Toilettenroutine: Regelmäßige Toilettengänge, besonders vor dem Schlafengehen.
- Motivation & Belohnung: Z. B. Kalender mit Aufklebern für trockene Nächte.
- Blasentraining: Das Kind lernt, die Blase länger zu halten und die Kapazität zu steigern.
2. Apparative Verhaltenstherapie
- Weckgeräte (Klingelhose, Klingelmatte): Lösen bei Nässe einen Alarm aus, um das Kind zu wecken und die Wahrnehmung für Harndrang zu fördern. Erfolg zeigt sich meist erst nach mehreren Wochen konsequenter Anwendung.
3. Medikamentöse Unterstützung
Medikamente können vorübergehend helfen – z. B. bei Übernachtungen oder starker Belastung – sind aber keine Dauerlösung.
- Desmopressin: Reduziert die nächtliche Urinproduktion. Wirkt schnell, aber nur solange es eingenommen wird.
- Anticholinergika: Entspannen die Blasenmuskulatur und werden bei überaktiver Blase eingesetzt.
Hinweis: Für Kinder unter 7 Jahren wird eine medikamentöse Therapie in der Regel nicht empfohlen.
4. Psychologische Unterstützung
Bei Anzeichen für emotionale Ursachen (z. B. familiärer Stress, belastende Lebensereignisse) kann die Einbindung eines Kinderpsychologen oder eines Kinderpsychiaters sinnvoll sein.
Was die Apotheke rät
- Geduld und Verständnis: Eltern sollten das Kind unterstützen und nicht bestrafen.
- Schutz der Matratze: Verwendung von wasserundurchlässigen Matratzenauflagen.
- Flüssigkeitsmanagement: Ausreichende Flüssigkeitszufuhr tagsüber, Reduktion am Abend.
- Toilettenroutine: Regelmäßige Toilettengänge, insbesondere vor dem Schlafengehen.
- Unterstützung von Verhaltenstherapien: Beratung zu Weckgeräten oder anderen Hilfsmitteln.
Kurz zusammengefasst
- Bettnässen ist häufig und meist harmlos, kann jedoch psychische Belastungen verursachen.
- Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Reifungsverzögerungen über genetische Veranlagung bis hin zu emotionalem Stress.
- Verhaltenstherapie und Weckgeräte gelten als wirksamste Behandlungsmethoden.
- Medikamente können vorübergehend helfen, sind aber keine Dauerlösung und nicht für jedes Alter geeignet.
- Geduld, Verständnis und positive Begleitung sind entscheidend für den Behandlungserfolg.
zuletzt aktualisiert: 29.09.2025
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