Forscher arbeiten an noch besseren Insulinen zur Diabetes-Behandlung. Wie smarte Insuline wirken sollen und welche Wege dafür eingeschlagen werden, erklärt Professorin Dr. Barbara Ludwig vom Universitätsklinikum Dresden.
Ludwig: Wir sprechen von glukoseresponsiven Insulinen, die im Körper abhängig von der Blutglukose reagieren. Sie sollen nur dann wirken, wenn der Blutzucker ansteigt und damit sowohl vor zu hohen als auch vor zu niedrigen Blutzuckerwerten schützen.
Ludwig: Dieser Effekt kann etwa durch chemische Veränderungen am Insulin erreicht werden. Daneben gibt es die Möglichkeit, das Insulin an Trägermoleküle zu binden – mit dem Ziel, dass es nur bei einem erhöhten Blutzuckerspiegel freigesetzt wird.
Ludwig: Es gibt Forschungsaktivitäten in verschiedenen Phasen, noch im Reagenzglas oder im Tierversuch, aber es laufen auch bereits einzelne Studien am Menschen. Dabei steht zunächst die Sicherheit im Vordergrund – und genau diese ist noch nicht ausreichend gewährleistet. Immer wieder gibt es, wie so häufig in der Forschung, Rückschläge. Es ist schwierig, den Einsatz des Insulins punktgenau zu steuern. Chemische Prozesse im Körper können Interaktionen auslösen und die Wirkung verändern. Es lässt sich daher kaum vorhersagen, wann solche "intelligenten" Insuline tatsächlich klinisch eingesetzt werden können.
Ludwig: Grundsätzlich könnten smarte Insuline für alle Patienten mit einem Insulinmangel interessant sein – und zwar sowohl beim Diabetes mellitus Typ 1 als auch beim Typ 2. Bei Letzterem haben wir heute zum Glück hochwirksame Medikamente für die Behandlung zur Verfügung, die im Sinne einer Stufentherapie eingesetzt werden, bei der das Insulin nicht an erster Stelle der Behandlung steht.
Ludwig: Es geht darum, bihormonale Insulinpumpensysteme zu entwickeln. Über sie kann nicht nur Insulin abgegeben werden, sondern auch Glukagon, das ist der Gegenspieler des Insulins. Die Idee ist, mit Insulin einen Blutzuckeranstieg zu verhindern und durch das Glukagon eine Art "Bremse" für den Blutzuckerabfall einzubauen. Dies wäre eine Weiterentwicklung der sogenannten AID-Systeme zur automatischen Insulindosierung. Dabei kommuniziert derzeit ein Sensor zur Glukosemessung direkt mit einer Insulinpumpe und steuert ihren Einsatz. Bei bihormonalen Systemen soll eine zweite Ampulle mit Glukagon hinzukommen. Mit dessen Hilfe kann das Insulin quasi ausgebremst werden. Das könnte sogar das lästige Zählen von Kohlenhydraten überflüssig machen. Allerdings ist Glukagon nicht so stabil wie Insulin. Das führt bei den Prototypen zurzeit dazu, dass die Ampulle täglich gewechselt werden muss. Es bleibt noch eine Herausforderung, die Anwendung stabil und sicher zu machen.
Ludwig: Bei den analogen Insulinen, die Patientinnen und Patienten heute verwenden, können wir den Wirkzeitraum viel besser kontrollieren. Es gibt ultraschnelle Mahlzeiteninsuline und lang bis sehr lang wirksame Insuline, die zukünftig sogar nur einmal pro Woche gegeben werden müssen. Auch gibt es inzwischen Präparate, in denen ein Insulin mit einem anderen Wirkstoff kombiniert wird. Eine spektakuläre neue Entwicklung deutet sich mit sogenannten organspezifischen Insulinen an, die zum Beispiel direkt auf Leber oder Gehirn einwirken können. Dadurch wäre es möglich, beispielsweise im Gehirn auf die Appetitentwicklung einzuwirken. Dies sind sehr attraktive Ansätze, die aber noch in den Kinderschuhen stecken.
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