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Insektengift: Worauf Allergiker achten müssen

Apothekerin Christina Brunner  |  01.05.2021

Stiche von Bienen, Wespen, Hummeln oder Hornissen empfindet wohl jeder Mensch als schmerzhaft. Letztlich kann man sie aber gut verschmerzen. Anders bei Insektengift-Allergikern: Ihnen kann ein solcher Stich einen gefährlichen Schock bescheren. Schnelles und richtiges Verhalten ist dann lebensrettend.

Honigbiene auf einer weißen Blüte.
Eine Biene sticht nur, um sich oder ihren Stock zu verteidigen. Da die Biene dabei ihren Stachel verliert, ist der Stich für sie tödlich.
© kojihirano/iStockphoto

Barfuß über eine Wiese laufen, eine Wespe vom Teller verscheuchen oder einem Bienenstock nahekommen: Der bloße Gedanke an solche Aktionen treibt Insektengift-Allergikern Angstschweiß auf die Stirn. Denn das Gift löst bei ihnen nicht nur kurzzeitig Schmerzen und Juckreiz an der Einstichstelle aus, sondern möglicherweise auch Atemnot, Herzrasen, Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit, Atemstillstand bis hin zum Herz-Kreislauf-Kollaps. Dieser sogenannte anaphylaktische Schock stellt sich meistens wenige Minuten nach dem Stich ein und kann Betroffene in Lebensgefahr bringen.

Was Insektengift-Allergien genau auslöst

Nach Informationen des Allergieinformationsdienstes am Helmholtz Zentrum München reagieren die meisten Betroffenen gegen Gifte von Bienen oder Wespen allergisch. Zwölf Bienengift-, sechs Wespengiftallergene, fünf Allergene der Feldwespe und je zwei Hummel- und Hornissengift-Allergene sind bislang bekannt. Schwere allergische Reaktionen auf andere Gifte stechender Insekten sind eher selten. Doch um was handelt es sich bei Allergenen genau und was bewirken sie? Ein Allergen ist ein harmloser Eiweißstoff, den das körpereigene Abwehrsystem fälschlicherweise als feindlich und damit gefährlich einstuft. Der erste Kontakt damit verläuft noch glimpflich. Es kommt zu normalen Reaktionen auf Insektengift an der Einstichstelle: Das Gewebe schwillt an, entzündet sich und juckt. Innerhalb kurzer Zeit verschwinden diese Symptome. Bei allergisch veranlagten Menschen hinterlässt dieser Erstkontakt aber Spuren: Es bilden sich Antikörper, sogenanntes Immunglobulin E (IgE), gegen Eiweiße im Insektengift. Diese IgE-Antikörper docken an sogenannte Mastzellen an, die ebenfalls zum Abwehrsystem des Körpers gehören. Bei einem weiteren Stich löst das Allergen eine verhängnisvolle Kaskade aus: Es wird von passenden IgE-Antikörpern an den Mastzellen sofort erkannt und eingefangen. Dies aktiviert die Mastzelle und sie entlässt Botenstoffe, vor allem Histamin.

Histamin erweitert die Blutgefäße und macht sie durchlässiger. Als typische Folge kommt es zu Juckreiz, Niesreiz, einer laufenden Nase, brennenden, tränenden Augen sowie Hautreaktionen, Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe und anschwellenden Schleimhäuten sowie im Extremfall zu Blutdruckabfall, Kollaps, Bewusstlosigkeit und Schock.

Was nach einem Stich im Notfall zu tun ist

Während es bei einer normalen Reaktion auf einen Bienen- oder Wespenstich genügt, für 20 Minuten zu kühlen und ein entzündungshemmendes Gel aus der Apotheke aufzutragen, erfordert der allergische Notfall sofortiges Handeln und Alarmieren des Notarztes unter der Notfallnummer 112. Kratzen im Hals, Juckreiz, Ausschlag, Schwellungen im Gesicht, aber auch Übelkeit und Erbrechen können erste Symptome sein. Hat eine Biene zugestochen, gilt es, den Stachel zu entfernen. Hier ist Vorsicht angebracht, denn am Stachel hängt die Giftblase, die man nicht zusammendrücken darf. Danach kommen Notfall-Medikamente zum Einsatz. Menschen, die von ihrer Allergie wissen, tragen ein vom Arzt verordnetes und in der Apotheke zusammengestelltes Notfallset bei sich. Der Allergiker und seine Angehörigen müssen sich beizeiten mit den darin enthaltenen Medikamenten und ihrer Anwendung vertraut machen. Es geht dabei um ein Antihistaminikum, kortisonartige Mittel und eine Adrenalin-Fertigspritze. Die Adrenalin-Wirkung setzt besonders schnell ein. Der Wirkstoff stabilisiert den Kreislauf, erleichtert die Atmung und vermindert Schwellungen. Das Antihistaminikum und kortisonartige Mittel wirken der allergischen Reaktion entgegen.

Eine Insektengift-Allergie kann sich jederzeit entwickeln. Das Risiko ist für Personen erhöht, die innerhalb kurzer Zeit wiederholt gestochen wurden oder bereits sehr heftig auf einen Stich reagiert haben. Ein Haut-und Bluttest beim Allergologen festigt die Diagnose. Er verordnet die Notfall-Medikamente und kann zudem eine Allergen-spezifische Immuntherapie einleiten, von Experten auch Hyposensibilisierung genannt. Mit
Hilfe dieser "Allergie-Impfung" gelingt es, die Insektengiftallergie in einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren abzuschwächen oder sogar ganz loszuwerden. Durch regelmäßige, meist monatliche Injektionen mit dem Insektengift wird der Körper an das Allergen gewöhnt. 

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