Nesselsucht: Symptome, Behandlung und Tipps

Rüdiger Freund  |  11.06.2025 08:27 Uhr

Nesselsucht (Urtikaria) ist eine Hauterkrankung, die sich durch plötzlich auftretende, juckende Quaddeln äußert. Die Ursache kann eine allergische Reaktion, Stress oder eine Infektion sein. Oft verschwindet der Ausschlag nach kurzer Zeit von selbst, in manchen Fällen hält er jedoch länger an. Hier erfahren Sie, welche Auslöser es gibt, wie Nesselsucht behandelt wird und wann ein Arztbesuch notwendig ist.

Frau, juckt sich am Rücken.
Quaddeln und starker Juckreiz, die plötzlich ohne erkennbaren Grund auftreten, können auf Nesselsucht hindeuten.
© Doucefleur/iStockphoto
Inhaltsverzeichnis

Überblick

Nesselsucht zählt zu den häufigsten Hauterkrankungen und kann Menschen jeden Alters betreffen. Charakteristisch sind flüchtige Quaddeln, die oft plötzlich auftreten und meist mit starkem Juckreiz einhergehen. Die Hautveränderungen ähneln jenen, die durch Kontakt mit Brennnesseln entstehen – daher der Name.

Man unterscheidet zwischen akuter Urtikaria, die nur wenige Tage bis Wochen andauert, und chronischer Urtikaria, die länger als sechs Wochen besteht. Während akute Formen häufig auf eine klare Ursache zurückzuführen sind, bleibt der Auslöser bei chronischen Verläufen oft unklar.

Nesselsucht ist nicht ansteckend, kann aber die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Mit der richtigen Behandlung lassen sich die Symptome in den meisten Fällen gut kontrollieren.

Symptome

Die Symptome der Nesselsucht treten meist plötzlich auf und können sich an verschiedenen Körperstellen gleichzeitig oder nacheinander zeigen. Typisch sind juckende Hautveränderungen, die oft nach kurzer Zeit wieder verschwinden – aber auch erneut aufflammen können.

Typische Symptome von Nesselsucht

  • Hellrote, leicht erhabene, juckende Quaddeln mit klaren Rändern
  • Starker Juckreiz besonders in der Nacht
  • Brennendes oder stechendes Hautgefühl, zum Teil mit einem Gefühl der Erwärmung
  • Hautrötungen um die Quaddeln herum
  • Quaddeln erscheinen und verschwinden innerhalb weniger Stunden
  • Tiefer liegende Schwellungen (Angioödeme), z. B. an Lippen, Augenlidern, Händen oder Füßen – meist ohne Juckreiz, aber mit Spannungsgefühl

Bei chronischer Nesselsucht treten die Symptome wiederholt über Wochen oder Monate hinweg auf. In seltenen Fällen kann Nesselsucht auch mit Atemnot, Kreislaufproblemen, allgemeinem Unwohlsein, Kopfschmerzen oder Schluckbeschwerden einhergehen – in diesem Fall ist sofort ärztliche Hilfe notwendig.

Verlauf

Nesselsucht beginnt meist plötzlich, mit juckenden Quaddeln oder Schwellungen, die sich innerhalb von Minuten bis Stunden auf der Haut zeigen. In vielen Fällen handelt es sich um eine akute Form, die innerhalb von wenigen Tagen bis maximal sechs Wochen vollständig abheilt – oft auch ohne spezielle Behandlung. Wird der Auslöser erkannt und gemieden (zum Beispiel ein bestimmtes Lebensmittel oder Medikament), verschwinden die Beschwerden meist rasch. 

Anders verläuft die chronische Nesselsucht, die länger als sechs Wochen anhält und oft wiederkehrend oder täglich auftritt. Hier ist die Ursache häufig unklar, was die Behandlung erschwert. In diesen Fällen ist eine individuell abgestimmte Therapie wichtig, um die Beschwerden zu kontrollieren und die Lebensqualität zu erhalten.

Ohne Behandlung kann chronische Nesselsucht über Monate oder sogar Jahre bestehen bleiben. Zwar ist die Erkrankung nicht gefährlich, aber sie kann körperlich und psychisch sehr belastend sein. In seltenen Fällen kann Nesselsucht auch Teil einer allergischen Reaktion (anaphylaktischer Schock) mit Atemnot oder Kreislaufproblemen sein – dann ist schnelles Handeln erforderlich.

Ursachen von Nesselsucht

Die Auslöser einer Nesselsucht sind sehr unterschiedlich – manchmal klar erkennbar, in vielen Fällen aber nicht eindeutig feststellbar. Man unterscheidet zwischen allergischer, nicht-allergischer und physikalisch ausgelöster Nesselsucht.

Mögliche Ursachen:

  • Allergien, zum Beispiel auf Nahrungsmittel, Medikamente oder Insektengifte
  • Infektionen, vor allem Virusinfekte der oberen Atemwege oder Magen-Darm-Infekte
  • Stress oder psychische Belastung
  • Kälte, Wärme, Druck, Reibung oder Sonnenlicht – sogenannte physikalische Urtikaria
  • Bestimmte Medikamente, etwa Schmerzmittel (zum Beispiel Acetylsalicylsäure, NSAR), Antibiotika oder Kontrastmittel
  • Chronische Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen
  • In seltenen Fällen auch Kontakt mit Chemikalien oder Duftstoffen

Bei einer Nesselsucht schütten bestimmte Immunzellen in der Haut, sogenannte Mastzellen, den Botenstoff Histamin aus – er ist für Juckreiz, Rötung und Quaddelnverantwortlich. In der chronischen Form reagieren die Mastzellen oft überempfindlich, teils ohne klar erkennbaren Auslöser. Man vermutet, dass sie sich bestimmte Reize „merken“ und dann wiederholt fälschlicherweise aktiviert werden – vergleichbar mit einer Art Fehlsteuerung im Immunsystem.

Risikofaktoren:

  • Persönliche Allergieneigung (atopische Veranlagung)
  • Familiäre Vorbelastung
  • Chronischer Stress oder seelische Belastung
  • Hormonelle Schwankungen (z. B. in der Schwangerschaft)
  • Geschwächtes Immunsystem

Diagnose

Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine gründliche Anamnese und eine klinische Untersuchung

Diagnoseschritte:

  • Anamnesegespräch zur Abklärung der Beschwerden, der potenziellen Auslöser und eventuellen Begleitsymptome
  • Allergietests (Pricktest, Blutuntersuchung auf IgE) bei Verdacht auf allergische Urtikaria
  • Blutuntersuchung zur Abklärung von Entzündungen oder Autoimmunprozessen
  • Provokationstests bei Verdacht auf physikalische Urtikaria, zum Beispiel durch Kälte, Druck oder Wärme
  • Ausschlussdiagnostik bei chronischer Urtikaria, zum Beispiel zur Suche nach Infektionen oder Unverträglichkeiten
  • In unklaren Fällen kann eine Biopsie der Haut notwendig sein, um andere Hautkrankheiten auszuschließen.

In vielen Fällen – besonders bei der chronischen spontanen Urtikaria – lässt sich kein klarer Auslöser feststellen. Auch ohne eindeutige Ursache kann die Behandlung erfolgreich sein.

Therapie: So lässt sich Nesselsucht behandeln

Die Behandlung der Nesselsucht richtet sich nach dem Verlauf und der Schwere der Beschwerden. Ziel ist es, den Juckreiz zu lindern, Quaddeln zu vermeiden und die Lebensqualität zu verbessern.

  • Auslöser meiden (falls bekannt): Bei akuter Urtikaria genügt es oft, den Auslöser – zum Beispiel ein bestimmtes Nahrungsmittel, Medikament oder physikalischen Reiz – zu erkennen und konsequent zu meiden.
  • Moderne Antihistaminika der zweiten Generation (z. B. Cetirizin, Loratadin, Desloratadin) sind meist gut verträglich und machen nicht müde. Sie lindern effektiv den Juckreiz.
  • Kortisonpräparate kommen bei chronischer Urtikaria kurzfristig bei schweren Schüben oder auch in Notfällen zum Einsatz
  • Biologika wie Omalizumab wirken gezielt gegen die Aktivierung der Mastzellen und kommen bei Fällen zum Einsatz, in denen keine andere Therapie hilft. Ein neuer Antikörper, Ligelizumab, zeigt in Studien vielversprechende Ergebnisse.
  • Immunsuppressiva wie Ciclosporin werden in Ausnahmefällen bei schwerer chronischer Urtikaria eingesetzt.

Bei chronischer Nesselsucht ist die regelmäßige Einnahme von Antihistaminika über einen längeren Zeitraum oft notwendig – ein Abbruch sollte immer in Absprache mit dem Arzt erfolgen.

Was die Apotheke rät

  • Kühlende Gele, Lotionen oder Cremes, zum Beispiel mit Menthol oder Polidocanol können den Juckreiz lokal lindern.
  • Rückfettende, reizfreie Pflegeprodukte helfen, die Hautbarriere zu stabilisieren – wichtig vor allem bei empfindlicher Haut.
  • Kühle Umschläge oder ein lauwarmes Bad mit Zusätzen wie Haferextrakt können die Haut beruhigen.
  • Stressreduktion und ausreichend Schlaf werden unterstützend empfohlen – da Stress bei vielen Betroffenen als Auslöser oder Verstärker gilt.
  • Bei chronischer Nesselsucht kann ein Symptomtagebuch helfen, mögliche Auslöser zu erkennen.
  • Wer schon einmal eine Nesselsucht im Rahmen einer schweren allergischen Reaktion (zum Beispiel auf Insektengifte oder bestimmte Nahrungsmittel) erlebt hat, sollte mit dem Arzt über ein Notfallset mit Adrenalin-Pen, Antihistaminikumund Kortisonpräparatsprechen – die Apotheke zeigt, was dazugehört und wie es angewendet wird.

Nesselsucht kurz zusammengefasst

  • Typische Symptome sind juckende Quaddeln und Hautrötungen, oft plötzlich auftretend und nach Stunden wieder verschwunden.
  • Die Auslöser sind vielfältig – von Allergien über Infekte bis hin zu Kälte, Druck oder Stress.
  • Akute Nesselsucht klingt meist nach wenigen Tagen ab, chronische Formen können über Monate bestehen.
  • Antihistaminika sind die wichtigste Behandlung – zusätzlich können kühlende Produkte und Hautpflege helfen.
  • In seltenen Fällen kann Nesselsucht Teil einer schweren allergischen Reaktion sein – dann ist ein Notfallset mit Adrenalin sinnvoll und sollte immer mitgeführt werden.

Zuletzt aktualisiert: 02.06.2025

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