ArzneimittelPsyche

Keine Depressionen durch niedrige Serotoninspiegel

ZOU  |  25.07.2022

Eine Auswertung von Studien der letzten Jahrzehnte liefert keine Beweise dafür, dass Depressionen durch niedrige Serotoninspiegel verursacht werden. Depressionen sind demnach nicht – wie allgemein angenommen – das Ergebnis eines chemischen Ungleichgewichts.

Frau, sitzt in ihrem Bett, stützt den Kopf in die Hände.
Eine große Auswertung von Studien stellt infrage, dass Depressionen durch ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn entstehen.
© cindygoff/iStockphoto

Die meisten Antidepressiva sind selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), von denen man annimmt, dass sie zu niedrige Serotoninspiegel korrigieren. Dies stellt nun ein Forschungsteam in der Fachzeitschrift „Molecular Psychiatry“ in Frage. Prof. Joanna Moncrieff vom North East London NHS Foundation Trust fasste die Ergebnisse zusammen: „Nach vielen Forschungsarbeiten über mehrere Jahrzehnte gibt es keinen überzeugenden Beweis dafür, dass Depressionen durch Serotonin-Anomalien verursacht werden.“

Die Annahme, dass Depressionen durch ein chemisches Ungleichgewicht verursacht werden, hat zu einer enormen Zunahme der Verschreibung von Antidepressiva geführt. Untersuchungen, die den Gehalt an Serotonin und seinen Abbauprodukten im Blut oder in der Gehirnflüssigkeit verglichen, fanden jedoch keine Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Depression. Auch Forschungsarbeiten zu Serotoninrezeptoren und dem Serotonintransporter, auf den die meisten Antidepressiva abzielen, ergaben nur widersprüchliche Hinweise auf eine veränderte Serotoninaktivität bei Menschen mit Depressionen.

Studie stellt Wirkungsweise von Antidepressiva infrage

Neuere Studien, in denen der Serotoninspiegel künstlich gesenkt wurde, führten bei gesunden Freiwilligen ebenfalls nicht zu Depressionen. Weiter fanden sich bei Menschen mit und ohne Depressionen keine Unterschiede in den Genen, die den Serotoninspiegel beeinflussen. Bei langfristiger Einnahme von Antidepressiva wurde sogar ein niedrigerer Serotoninspiegel im Blut beobachtet. Das könnte bedeuten, dass der Anstieg von Serotonin durch Antidepressiva auf Dauer kompensiert wird und schließlich ein gegenteiliger Effekt eintritt. Belastende Lebensereignissen hatten in den Studien dagegen einen starken Einfluss auf das Risiko, depressiv zu werden.

In Summe kommen die Autoren zu dem Schluss, dass es keine Belege für die Annahme gibt, dass Depressionen durch eine veränderte Serotoninaktivität oder -konzentration verursacht werden. Die meisten Menschen glauben dies jedoch, was ihnen die Zuversicht auf eine Genesung ohne Medikamente nimmt. Dennoch sollte man Antidepressiva nur in Absprache mit einem Arzt absetzen.

Moncrieff sagte: „Tausende von Menschen leiden unter den Nebenwirkungen von Antidepressiva, einschließlich der schweren Entzugserscheinungen, die auftreten können, wenn Menschen versuchen, sie abzusetzen. Es ist höchste Zeit, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass dieser Glaube nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.“

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