Rückenschmerzen: OP oft unnötig

29.10.2013

Bei Rückenschmerzen fürchten viele Patienten eine Operation. Doch meist lassen sich die Beschwerden ohne eine OP in den Griff bekommen. Wann ein Eingriff notwendig wird, erklärt Dr. Carsten Stüer. Der Facharzt für Neurochirurgie führt eine Praxis in Hamburg und ist Leitender Oberarzt am Wirbelsäulenzentrum des Krankenhauses Winsen.
Es muss nicht immer eine Operation sein. Auch Akupunktur kann von Rückenschmerzen befreien. image.originalResource.properties.copyright

Wie findet der Arzt die richtige Möglichkeit, um Rückenschmerzen erfolgreich zu behandeln?

Stüer: Für eine individuell abgestimmte Therapie von Rückenschmerzen ist die Diagnostik sehr wichtig. Nur wenn man die Ursache kennt, kann man diese auch vermeiden. Entsprechend wählt der Arzt die Behandlungsschritte aus. Hierbei sollte nach dem Prinzip der stufenweisen Intensivierung möglicher Therapien gearbeitet werden.

Stufenweise Intensivierung möglicher Therapien – was bedeutet das?

Stüer: Das bedeutet, dass die einzelnen Therapieschritte mit jedem Patienten abgestimmt und schrittweise angepasst werden. Zunächst versucht es der Arzt zum Beispiel mit Wärmebehandlungen oder Krankengymnastik. Eine Operation ist in etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle sinnvoll. Die Palette reicht von kleineren Eingriffen über Bandscheiben-ersetzende bis hin zu großen Operationen.

Welche nicht-operativen Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Stüer: Findet sich keine spezifische Ursache, steht die Bekämpfung der Schmerzen im Vordergrund. Dies geschieht zum Beispiel mit Medikamenten, aber auch mit Kälte- oder Wärmeanwendungen, Massagen, Krankengymnastik oder speziellen Rückenübungen. Darüber hinaus können Akupunktur, alternative Therapien wie die sogenannte transkutane elektrische Nerven-Stimulation (TENS) oder eine Reizstrombehandlung Linderung verschaffen. In einer aktuellen Studie, die das Krankenhaus Winsen mit der polnischen Universität Rsezow durchgeführt hat, konnte die Wirkung der Stromtherapie erst kürzlich nachgewiesen werden.

Sie sagen, dass eine Operation nur für jeden zehnten bis zwanzigsten Patienten sinnvoll ist. Wann geht es nicht mehr ohne eine OP?

Stüer: Eine Operation ist in mehreren Fällen sinnvoll. Etwa wenn die Schmerzen die Lebensqualität des Patienten deutlich einschränken oder Nervenschäden drohen. Auch wenn sich verschleißbedingte Bandscheibenschäden oder ein schmerzhaftes Wirbelgleiten anders nicht mehr behandeln lassen. Dann lindert eine sinnvolle OP meist schnell und längerfristig die Beschwerden.

Sind immer große Eingriffe nötig?

Stüer: Nein, nicht immer. In manchen Fällen können minimalinvasive Eingriffe größere Operationen aufschieben. Zum Beispiel lassen sich durch kleinste Einstiche Medikamente oder Therapiesonden punktgenau an der Wirbelsäule platzieren. Die Schmerzlinderung setzt in der Regel unmittelbar ein. Bei der sogenannten Kryodenervation wird eine rund minus 60 Grad Celsius kalte Sonde an den schmerzleitenden Nerv geführt und dieser damit vereist. Allerdings führen mehrere "kleine" Eingriffe an der Wirbelsäule aus Furcht vor einem größeren Eingriff nicht unbedingt zum Erfolg.

Die Fragen stellte Peter Erik Felzer.