„Wer Ohren hat zu hören, der höre“, heißt es in der Bibel. Doch viele können
Sprache oder Musik nicht mehr ungetrübt lauschen. Schwerhörigkeit lautet die Diagnose. Erfahren Sie im aktuellen Thema der Woche mehr über mögliche Ursachen, Frühwarnsymptomen und den Einsatz von Hörgeräten.
Wie gut hört Deutschland? Dem ging im vergangenen Jahr die Hörtour der Fördergemeinschaft Gutes Hören (FGH) auf den Grund. Vier Hörmobile fuhren von März bis Oktober durch fast 300 Städte und testeten mehr als 23000 Passanten. Schlecht zu hören – keine Frage des Alters, so das Fazit. Schon jeder achte Jugendliche leidet unter einer Hörminderung. Bei den bis zu 40-Jährigen fiel jeder Vierte beim Test auf. Bei den über 60-Jährigen versteht nicht einmal mehr jeder Sechste Sprache, Geräusche oder Musik noch gut.
„Hörtests sind wichtig“, betont Anna Burkert, Pressesprecherin der FGH und Hörakustikerin. Und das nicht nur, weil ihre Organisation die Hörtour veranstaltet hat. Eine Schwerhörigkeit bahnt sich in der Regel schleichend an. Betroffene bemerken die Hörminderung über lange Zeit nicht. Zusätzlich lassen Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen oder auch Kopfschmerzen nicht daran denken, dass die Ohren dahinter stecken.
„Ich höre wie ein Luchs, aber die Leute sprechen so undeutlich. So beginnt es häufig“, weiß Burkert aus unzähligen Berichten. Solche Patienten mit einer beginnenden Schwerhörigkeit verstehen immer noch einiges. Aber meist nur noch in wirklich ruhiger Umgebung im Zweiergespräch. Sprache besitzt bekanntlich sehr viel Zusatzinformation, die nur in Ruhe voll zum Tragen kommt. Zum Beispiel die Wiedererkennung eines Wortes im Sinn-Zusammenhang. Burkert: „Diese Informationen werden intuitiv genutzt, um die durch den Hörverlust fehlenden Bestandteile der Sprache auszugleichen. Dieser Ausgleich funktioniert aber nicht mehr, wenn die Sprache durch Geräusche in der Umgebung gestört wird. Man spricht dann auch von Störlärm“, weiß Burkert.
Oft fällt Außenstehenden zuerst auf, dass jemand nicht mehr so gut hört. „Wieso fragst Du eigentlich immer nach? Ich habe Dir das doch gerade erklärt“, zählt zu den typischen Reaktionen. Mitunter reagieren sie mit der Zeit zunehmend gereizt. „Wie oft soll ich das denn noch wiederholen. Hör doch einfach mal zu.“ Natürlich nervt das. Aber es wäre auch ein Anlass, jemanden auf einen Hörtest aufmerksam zu machten.
Einen Hörtest bieten HNO-Ärzte und Hörakustiker an. Bei Letzteren klappt dies meist spontan und oft auch ohne Wartezeit. Beim Arzt muss man sich in der Regel einen Termin dafür geben lassen. Oder man nutzt Aktionen wie die Hörtour der FGH. Burkert erklärt: „Der Hörtest läuft über Kopfhörer ab. Über sie erklingen verschieden hohe Töne, die immer lauter werden. Die Testperson drückt dann auf einen Knopf, sobald sie einen solchen Ton hört.“ Dies spielt eine wichtige Rolle für ein späteres Hörgerät. Der Hörakustiker stellt so fest, welche Frequenzen es möglicherweise verstärken muss und welche nicht. „Liegt ein Defizit bei den Tönen vor, überprüft der Akustiker auch, wie gut das Sprachverstehen ist. Dazu werden kurze Wörter vorgespielt, die der Getestete nachsprechen soll“, ergänzt die FGH-Expertin.
Deckt ein Hörtest Auffälligkeiten auf, geht der nächste Schritt zum HNO-Arzt. Er sucht nach Ursachen. Hier kommen viele infrage. Oft liegt es am fortgeschrittenen Alter, oder es gibt vererbte Auslöser. Mitunter liegt es auch an einer Lärmbelastung in der Vergangenheit. Auch Erkrankungen wie Hörsturz oder Tinnitus sowie einige Medikamente ziehen das Hören in Mitleidenschaft.
In vielen Fällen helfen den Betroffenen Hörgeräte. „Sie haben im Wesentlichen das Ziel, das Sprachverständnis so gut wie möglich wiederherzustellen, um dem Menschen mit Hörverlust eine gute Kommunikation in Familie und Gesellschaft zu ermöglichen“, weiß Burkert. Grundsätzlich unterscheidet man zwei verschiedene Typen:
Hinter-dem-Ohr-Geräte (HdO)
Bei ihnen befindet sich die gesamte Elektronik in einem kleinen Gehäuse hinter dem Ohr. „Die Zeit der beigen großen Plastikkästen ist gottlob seit vielen Jahren vorbei“, freut sich Burkert. Angesichts der etwas robusteren Bauform empfehlen Experten dieses Modell besonders für Kinder. Bei den modernsten Hinter-dem-Ohr-Geräten sitzt der Lautsprecher im Gehörgang statt hinter dem Ohr. Für Kinder gibt es bunte Varianten, zum Teil mit Strasssteinen oder anderen Verzierungen. Hörakustiker bieten auch Wechselgehäuse in den unterschiedlichsten Farben an.
Im-Ohr-Geräte (IO)
Die technische Weiterentwicklung macht es möglich, dass kompakte Hörgeräte immer kleiner werden. Die Miniaturisierung erlaubt, dass ein Hörgerät, das fast im Ohr verschwindet, quasi unsichtbar den Dienst erfüllt. Die komplette Technik des Hörgerätes befindet sich somit direkt im Ohr des Trägers.
Der Hörakustiker probiert mit dem Kunden verschiedene Geräte aus, um das passende Modell zu finden. Das dauert mitunter eine Weile, bis man sich an die neue Hilfe gewöhnt hat. Burkert: „Beim Hörgerät ist immer ein Gewöhnungs- und Übungsprozess notwendig, um dem Gehirn zu ermöglichen, sich auf die Hörhilfe einzustellen. Wartet man zu lange mit der Anpassung eines Hörgerätes, hat das Gehirn die Sinneseindrücke für das richtige Hören vergessen.“ Das Sprachverständnis nimmt ab und lässt sich auch nur sehr schwer wieder herstellen.
Und wie sieht es mit den Kosten aus? Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen einen Zuschuss, der laut Burkert bei 650 bis 700 Euro pro Ohr liegt. „Dies ist eine gute Grundversorgung“, weiß die Expertin. Diese Geräte lassen sich auf vier Klangfrequenzen einstellen. Teurere Modelle bieten die Möglichkeit, bis zu 24 Frequenzen zu justieren. Gerade bei umfangreichen Hörstörungen ein bedeutender Komfort. Doch die hat auch seinen Preis. Hier muss man mit einem Eigenanteil von bis zu 2000 Euro rechnen. Eine gute Versorgung erhält der Kunde also bereits als Kassenleistung, zusätzlicher Komfort ist gegen einen Aufpreis möglich.
Peter Erik Felzer
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