GesundheitspolitikBeratung

Zu wenig Ärzte und Apotheker auf dem Land

Apothekerin Christina Brunner  |  01.06.2021

Seit mehr als zehn Jahren nimmt die Zahl öffentlicher Apotheken stetig ab. Dies betrifft vor allem ländliche Gebiete. Die Entwicklung geht Hand in Hand mit einem fortschreitenden Ärztemangel, der ebenfalls Regionen auf dem Land trifft. Vertreter von Apothekern und Ärzten warnen seit Jahren vor einer Unterversorgung.

Schild von einer Apotheke.
In vielen Teilen Deutschland müssen Patienten bis zur nächsten Apotheke einen weiten Weg in Kauf nehmen.
© cristianoalessandro/iStock Editorial

"Die Apotheke vor Ort ist für viele Menschen ein Stück Heimat – und eine wichtige Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten", sagt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Doch trotz dieser politischen Bekundung schrumpft dieses Stück Heimat seit 2009 unaufhörlich. Die Anlaufstellen für Arzneimittelversorgung und -beratung werden immer weniger.

Jeden Tag schließt eine Apotheke für immer

Zum Jahresende 2020 ist die Zahl der Apotheken in Deutschland erneut gesunken, auf 18.753 Niederlassungen. Ende 2019 waren es noch 19.075. Damit liegt der Rückgang nun schon im dritten Jahr in Folge bei mehr als 300 Apotheken jährlich. Das bedeutet: Fast jeden Tag schließt in Deutschland eine Apotheke für immer ihre Türen. Gründe dafür gibt es einige. Für viele Apotheker lohnt sich die kaufmännische Selbstständigkeit schlichtweg nicht mehr. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen machen es ihnen schwer, von der Konkurrenz aus dem Internet ganz zu schweigen. Hinzu kommen Sorgen, die viele Branchen kennen: Überalterung, Fachkräftemangel, fehlender Nachwuchs.

Senioren und Familien sind die Leidtragenden

Noch ist die flächendeckende Versorgung gut. Noch haben die Deutschen landesweit in erreichbarer Nähe eine Apotheke, die sie mit dringend benötigten Arzneimitteln, individuellen Rezepturen und Beratung versorgt. Außerdem bieten Apotheken vor Ort rund um die Uhr einen Notdienst an. Senioren, chronisch Kranke und Familien sind besonders in strukturschwachen Gebieten auf diese Dienstleistungen angewiesen. Rezeptsammelstellen bieten eine Hilfe, wenn die Entfernung zur nächsten Apotheke größer als üblich ausfällt. Die Stellen werden oft in Verbindung mit einem Botendienst der Apotheke betrieben. Wer krank oder schlecht zu Fuß ist, kann so trotzdem auf die Apotheke zählen.

Wie die Politik reagiert

Junge ungebundene Menschen zieht es in die attraktiven Städte. Das gilt auch für hausärztlichen Nachwuchs. In Anbetracht des hohen Altersdurchschnitts der Hausärzte − viele gehen bald den Ruhestand − könnte sich die Lage zu einem Versorgungsengpass zuspitzen. Einige Bundesländer haben daher eine Landarztquote eingeführt. Sie soll Abiturienten auch ohne Einser-Zeugnis den Zugang zum Medizinstudium erleichtern. Im Gegenzug verpflichten sich die Studenten, nach der Ausbildung mindestens zehn Jahre im ländlichen Raum zu arbeiten. Apotheken sollen durch das im Herbst 2020 verabschiedete Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz Unterstützung erhalten. Es soll Wettbewerbsnachteile der Vor-Ort-Apotheken gegenüber EU-Versendern vermindern, allerdings nicht für die Versorgung privat versicherter Patienten. Außerdem dürfen Apotheken künftig mehr pharmazeutische Dienstleistungen wie Medikationsanalysen anbieten und dafür auch Geld erhalten. Es stehen hier aber noch Verhandlungen mit den Krankenkassen an, und es wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bereits bei der Botendiensthonorierung gekürzt. Der Botendienst und der Erhalt wohnortnaher Apotheken sind aber besonders auch für die Arzneimittelversorgung ländlicher Räume sehr wichtig.

Krisenfestes System

"Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie verstehen die Menschen besser denn je, wie wichtig eine verlässliche, flächendeckende Arzneimittelversorgung ist", sagt Apothekerin Gabriele Regina Overwiening. Sie ist Präsidentin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. und vertritt in dieser Position die Berufsinteressen der Apotheker. Das bestehende System hätte sich als bisher sehr krisenfest erwiesen, aber die bundesweite Versorgungssicherheit sei kein Selbstläufer.

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