Baby & FamilieGesundheit

Kreidezähne werden immer häufiger

Natascha Koch  |  01.07.2022

Verfärbt, porös, schmerzempfindlich und für Karies sehr anfällig: Das alles trifft auf Kreidezähne zu. Diese treten bei Kindern hierzulande immer häufiger auf.

Mädchen, putzt sich die Zähne.
Regelmäßige und gründliche Zahnpflege beugt Karies vor. Bei Kreidezähnen ist dagegen aktuell kaum Prävention möglich.
© PeopleImages/iStockphoto

Bei Kreidezähnen handelt es sich um eine Mineralisationsstörung: "Die Zähne sind dabei etwa zehnfach so weich wie normale Zähne. Man kann sie sich vorstellen wie Bienenwaben. Diese Hohlräume sind aber nicht leer, sondern voll mit Proteinen, die im Rahmen der Schmelzbildung nicht abgebaut werden."« So erklärt Professor Dr. Dr. Norbert Krämer, Leiter der Poliklinik für Kinderzahnheilkunde der Universität Gießen, das Phänomen. Das führt dazu, dass sich die Zähne zusätzlich oft verfärben, sehr empfindlich auf Hitze und Kälte reagieren und häuf ger Karies bekommen. Fachleute bezeichnen die Störung auch als Molare-Inzisiven-Hypomineralisation, kurz MIH. Es trifft Zähne, die sich früh, bereits nach der Geburt, mineralisieren − besonders häufig die ersten großen Backenzähne. "Mittlerweile sehen wir MIH aber an allen bleibenden Zähnen", sagt Krämer.

Kreidezähne werden häufiger

Laut der Deutschen Mundgesundheitsstudie aus dem Jahr 2016 leiden mehr als ein Viertel der Zwölfjährigen unter Kreidezähnen. Damit ist der Anteil in dieser Altersgruppe sogar höher als bei Karies. In diese Studie flossen Krämer zufolge jedoch neben MIH noch andere Strukturschäden an den Zähnen ein. "Belastbare bundesweite Zahlen speziell zu diesem Krankheitsbild fehlen bislang." Regionalen Untersuchungen zufolge steigen die Fallzahlen rasant: In Hessen etwa habe der Anteil der Kinder mit Kreidezähnen von 2003 bis 2015 um 59 Prozent zugenommen.

Über die Ursachen von Kreidezähnen weiß die Forschung bislang noch wenig. Neuen Untersuchungen zufolge könnten häufige Atemwegserkrankungen im ersten Lebensjahr eine Rolle
spielen, die zu einem Sauerstoffmangel im Blut führen. Dieser beeinflusst wiederum die Schmelzbildung der Zähne. "In diesem Zusammenhang werden häufig auch Antibiotika verabreicht, die auch als Auslöser infrage kommen. Auch die Gabe von wehenhemmenden Medikamenten bei der Geburt wird als Ursache diskutiert", so Krämer. Daneben sei ein Mangel an Calcium als Ursache denkbar, den Mediziner in den vergangenen Jahren bei Kindern immer häufiger feststellten. Unter Verdacht stehen auch hormonell wirksame Stoffe wie Bisphenol A, das in vielen Gegenständen aus Kunststoff wie Babyschnullern, Plastikgeschirr oder Konservendosen steckt. Studien mit Ratten haben hier bereits einen Zusammenhang zur Entwicklung von MIH gezeigt. Untersuchungen am Menschen fehlen aber bislang.

Krämer zufolge erfordert es mehr Forschungsarbeit, um die Ursachen eindeutig zu klären und auch eine Vorsorge möglich zu machen. "Bei Karies ist es klar: Zucker vermeiden, regelmäßig und sorgfältig die Zähne putzen, Fluorid auftragen. Ratschläge, um Kreidezähne zu vermeiden, können wir bislang noch nicht geben", so Krämer. Eine unbefriedigende Situation, da die Störung viele betroffene Kinder bis ins Erwachsenenalter hinein begleiten kann.

Regelmäßig zum Zahnarzt

Trotzdem können Eltern etwas tun, nämlich die drei ersten Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt wahrnehmen, auch kurz als FU bezeichnet (Früherkennungsuntersuchungen für
Kinder). "Bei MIH ist vor allem die FU3-Untersuchung wichtig. Hier empfehle ich, dass Eltern sich diesen Termin möglichst am Ende des empfohlenen Zeitraums geben lassen, zwischen
dem 30. und 33. Lebensmonat. Dann sind nämlich die zweiten Milchbackenzähne oft schon sichtbar. Wird hier eine Mineralisationsstörung erkannt, ist das Risiko für MIH an den bleibenden Zähnen um das Elffache erhöht", informiert Krämer. In diesem Fall benötigt man dann alle vier bis sechs Monate eine Kontrolle, bei der die Zähne gereinigt und mit Fluorid behandelt werden, um Karies vorzubeugen und die Schmelzentwicklung genau zu beobachten. Denn wie immer gilt: Je früher Kreidezähne erkannt werden, desto besser sind die Chancen, durch eine Behandlung bleibende Schäden an den Zähnen zu vermeiden.

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