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Medikamente bringen das Herz aus dem Takt

24.05.2017

Medikamente können als Nebenwirkung den Herzschlagrhythmus beeinflussen. Auf welche Weise das geschieht, wer dafür anfällig ist und wie man das Risiko vermindert, erläuterte der Krankenhausapotheker Dr. Dirk Keiner vom Sophien- und Hufelandklinikum in Weimar auf einer internationalen Apothekerfortbildung.

Einige Medikamente können den Herzschlagrhythmus stören.
Mit einem Elektrokardiogramm (EKG) können Ärzte die Herzstromkurven und die Dauer des QT-Intervalls messen.
© Kzenon - Fotolia

Im Jahr 2007 wurde mit Clobutinol ein seit langen Jahren angewendeter hustenstillender Arzneistoff vom deutschen Markt genommen, weil er eine Veränderung der elektrischen Erregung von Herzmuskelzellen bewirken konnte: eine sogenannten QT-Zeit-Verlängerung. Dies kann in einigen wenigen Fällen zu bedrohlichen Störungen im Herzschlagrhythmus führen. Und obwohl diese Nebenwirkung sehr selten ist, wollten Behörden und Hersteller das Risiko bei einem Hustenmittel nicht hinnehmen, zumal es viele Alternativen zur Behandlung von Hustenreiz gibt. Doch das Problem, dass Medikamente eine solche QT-Zeit-Verlängerung bewirken, betrifft außer Clobutinol noch viele weitere Arzneistoffe, wie Dr. Keiner betonte. Mehr als 200 Arzneiwirkstoffe besäßen grundsätzlich das Potenzial dazu. Und auch wenn es dadurch nur sehr selten zu starken Problemen kommt, sollten Dr. Keiner zufolge Apotheker bei der Abgabe von Arzeimitteln darauf achten, ob sie die QT-Zeit verlängern können und Patienten bei Bedarf darauf hinweisen. Ungünstig sei beispielsweise, wenn Patienten mehrere QT-verlängernde Wirkstoffe einnehmen oder ihr Abbau im Körper durch andere, ebenfalls eingenommene Medikamente gebremst werde.

Zudem gibt es Menschen, die von Geburt an eine erblich bedingte Verlängerung der QT-Zeit haben. Das sei bei etwa einem von 2000 Menschen der Fall, erklärte Dr. Keiner. Außerdem ist die OT-Zeit bei Frauen bereits etwas länger als bei Männern, da das männliche Geschlechtshormon Testosteron sie etwas verkürzt. Auch ein Alter über 65 Jahre oder bestimmte Krankheiten steigern das Risiko, Dr. Keiner nannte unter anderem Diabetes mellitus oder Schilddrüsenerkrankungen. Und auch einige Herzleiden erhöhen das Risiko.

Auf die Spur kommen kann ein Arzt der QT-Zeit-Verlängerung bei Verdacht nur durch die Aufzeichnung von Herzstromkurven, Betroffene spüren sie nicht. Zudem kontrolliert der Arzt dann auch bestimmte Mineralstoffe im Blut, vor allem Kalium, Magnesium oder Calcium. Gibt es hier Verschiebungen, steigt die Gefahr von OT-Verlängerungen und Herzrhythmusstörungen. Ist eine QT-Zeit-Verlängerung bei Patienten bekannt, kann der Arzt sie bei der Arzneimitteltherapie berücksichtigen und der Apotheker Betroffene gezielt beraten. So lässt sich das Risiko begrenzen, dass die QT-Zeit-Verlängerung tatsächlich zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führt. Ohnehin werden Medikamente vor ihrer Zulassung seit 2005 darauf geprüft, ob sie die QT-Zeit verlängern. Wenn das ein gewisses Maß überschreitet, werden sie nicht zugelassen.

In jedem Fall sollte ein Patient seinen Arzt stets darauf ansprechen, wenn er Herzrasen, verstärktes Herzklopfen, wiederholt Herzstolpern, Schwindel oder Ohnmachtsanfälle verspürt und es keine nachvollziehbare Erklärung dafür gibt, also beispielsweise ein vorübergehend schnellerer Herzschlag bei starker körperlicher Anstrengung oder großer Aufregung. Gut ist es, wenn ein Betroffener dem Arzt dann auch eine vollständige Liste aller eingenommenen Medikamente vorlegt, damit der Arzt kontrollieren kann, ob sie einzeln oder im Zusammenwirken Herzrhythmusstörungen begünstigen, etwa weil sie die QT-Zeit verlängern.

Dr. Frank Schäfer

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