Neue Spritze für das Auge

Die Makuladegeneration zählt zu den häufigsten Erblindungsursachen in Deutschland. Eine Spritze in das Auge kann die Erkrankung zwar nicht heilen, aber aufhalten. Jetzt gibt es einen weiteren Wirkstoff. Der Arzneimittelexperte Professor Dr. Hartmut Morck nimmt ihn im Interview unter die Lupe.

Lesender Mann mit Brille um die 50 im blauen Pullover
© Rodenstock GmbH

Wieso ist die Makuladegeneration so gefährlich?

Morck: Diese Erkrankung trifft vor allem ältere Menschen, ab dem 80. Lebensjahr etwa jeden zweiten. Man unterscheidet die trockene und die feuchte Form. Die trockene Verlaufsform lässt sich derzeit nicht behandeln, schreitet aber meist nur langsam voran. Problematisch ist die aggressivere feuchte Variante. Unbehandelt kann sie schnell zum Erblinden führen. Dies liegt an krankhaften Gefäßen. Sie wuchern unter der Makula, der Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut.

Was wissen Forscher über die Ursache?

Morck: Ein bestimmter Wachstumsfaktor begünstigt die Entstehung der krankhaften Gefäße. Forscher nennen ihn VEGF. Warum sich dieser plötzlich vermehrt bildet, ist noch unklar. Zu den typischen Symptomen der Erkrankung zählen verschwommenes Sehen, reduzierte Sehkraft, Verzerrung von Objekten, Linien und ein blinder Fleck im Zentrum des Sehfeldes.

Wie behandeln Augenärzte die aggressive Form der Makuladegeneration?

Morck: Seit einigen Jahren gibt es den Wirkstoff Ranibizumab auf dem Markt. Ihn spritzen die Augenärzte direkt in das Auge. Dies geschieht unter besonders hygienischen Bedingungen in einem OP-Raum. Ein Teil des Auges wird vorher betäubt, sodass die Patienten möglichst wenig von dieser Spritze mitbekommen. Der Wirkstoff blockiert den Rezeptor, an den der Wachstumsfaktor VEGF interagiert. Es entstehen keine neuen krankhaften Gefäße mehr. Unter Umständen bilden sich die bereits entstandenen Wucherungen zurück. Damit lässt sich die Krankheit in vielen Fällen aufhalten. Einige Patienten berichten, dass sich ihr Sehen sogar verbessert hat.

Und der neue Wirkstoff?

Morck: Er heißt Aflibercept. Er bindet den Wachstumsfaktor VEGF vor der Interaktion am Rezeptor. Dies stoppt auch die Bildung der krankhaften Gefäße.

Konnte Aflibercept seine Wirkung in Studien belegen?

Morck: Ja, an den beiden entscheidenden klinischen Studien für die Zulassung nahmen 2.412 Patienten teil. Über ein Jahr lang erhielten sie entweder den neuen oder den bereits etablierten Wirkstoff. Die Ergebnisse waren ähnlich.

Wie bewerten sie Aflibercept?

Morck: Es hat einen wichtigen Vorteil: Nach einer dreimonatigen Anfangsbehandlung müssen Augenärzte Aflibercept nur alle zwei Monate injizieren, um die Makuladegeneration im Griff zu behalten. Bei Ranibizumab geschieht dies jeden Monat. Die Patienten müssen also doppelt so häufig zum Arzt, um sich ins Auge spritzen zu lassen, wie mit dem neuen Wirkstoff.

Wirkt sich das auch auf die Kosten aus?

Morck: Natürlich. Beide Spritzen kosten etwa gleich viel. Da die Patienten bei Aflibercept nur die Hälfte der Injektionen benötigen, sparen die Krankenkassen auch die Hälfte der Medikamentenausgaben, um eine Makuladegeneration erfolgreich behandeln zu können.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Peter Erik Felzer.

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