Bei Typ-1-Diabetes kann es eine erbliche Veranlagung geben – das ist bekannt. Doch auch Kinder von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes oder von Vätern mit Typ-2-Diabetes haben ein erhöhtes Risiko dafür.
77 Prozent höheres Risiko bei Vätern mit Typ-2-Diabetes
Das ist das Ergebnis einer aktuellen Übersichtsarbeit, die Daten von 17 Studien analysiert hat. Demnach haben Kinder von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes ein um 94 Prozent höheres Risiko für Typ-1-Diabetes als Kinder von Müttern ohne Diabetes. Ähnliches gilt für Väter: Hatten sie Typ-2-Diabetes, stieg das Risiko des Nachwuchses für Typ-1-Diabetes um 77 Prozent an.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, die Familienanamnese in Routineuntersuchungen einzubeziehen – nicht nur in Bezug auf Typ-1-Diabetes, sondern auch auf mütterlichen Schwangerschaftsdiabetes und väterlichen Typ-2-Diabetes“, folgerte Dr. Isabella Albanese von der McGill University in Montreal aus den Ergebnissen.
Wie unterscheiden sich die Diabetesformen?
Alle Diabetesarten führen zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel, doch die Ursachen sind verschieden:
- Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem schädigt die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Dadurch steht kein Insulin zur Verfügung, um den Blutzucker (Glukose) zur Energiegewinnung in die Zellen zu transportieren.
- Bei Schwangerschaftsdiabetes und Typ-2-Diabetes ist zwar Insulin vorhanden, doch die Körperzellen reagieren nicht empfindlich genug darauf (Insulinresistenz).
Diabetes – die Familienkrankheit?
„Möglicherweise können Gene, Umgebungen und Verhaltensweisen, die eine Insulinresistenz hervorrufen, in manchen Fällen auch die Immunreaktionen auslösen, die zu Typ-1-Diabetes führen“, vermutet Dr. Kaberi Dasgupta, die Leiterin der Arbeitsgruppe.
Ihre Kollegin Laura Rendon ergänzt: „Familien haben oft dieselben Lebens- und Essgewohnheiten, was die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, dass Kinder betroffen sind. Darüber hinaus kann ein hoher Blutzuckerspiegel auch biologische Veränderungen bei den Eltern verursachen, die das Risiko ihrer Kinder, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, erhöhen könnten.“
Was bedeutet das für Familien und Ärzte?
Häufig wird Typ-1-Diabetes bei Kindern erst erkannt, wenn ihr Stoffwechsel lebensbedrohlich entgleist (diabetische Ketoazidose). Eine Früherkennung gibt es nicht.
Das Wissen über ein erhöhtes Risiko bei Kindern von Eltern mit anderen Diabetesformen könnte aber zu einer erhöhten Wachsamkeit bei Symptomen wie übermäßigem Durst oder Harndrang beitragen, so dass schwerwiegende Komplikationen möglicherweise vermieden werden.