Was, wenn Pflegekräfte, die Menschen zuhause versorgen, Medikationslisten wie Apotheker prüfen könnten und dabei sogar sehen könnten, wenn Verschreibungen nicht zueinander passen? Das hat ein Projekt der Washington State University untersucht: Das Risiko von Hochrisiko-Patientinnen und -Patienten mit Herzschwäche für einen Klinikaufenthalt sank innerhalb von 10 Wochen um die Hälfte. Dabei nahmen sie einen Pflegedienst in den Fokus.
Pflegekräfte denken wie Apotheker – und das senkt das Klinikrisiko
Dafür hatte ein Jahr lang das Team unter Anleitung von Apothekerinnen und Apothekern ein Programm für Pflegekräfte sowie Therapeutinnen und Therapeuten entwickelt: Ziel war, dass sie lernen „wie ein Apotheker zu denken“, wie Studienleiter Jeffrey Clark in einer Mitteilung zur Veröffentlichung erklärt.
Schulung für mehr Sicherheit: Medikamente prüfen, Daten abgleichen, Risiken erkennen
Im Rahmen des Projekts lernten Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen zusammen: Sie wurden geschult, Medikationslisten abzugleichen, elektronische Patientendaten zu aktualisieren und die Medikamente auch auf Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit zu prüfen. Ein neues Checklisten-Tool half dabei, typische Fehlerquellen zu erkennen – etwa wenn mehrere Ärztinnen oder Kliniken unterschiedliche Angaben gemacht hatten.
Zu Hause sehen, was wirklich eingenommen wird
Außerdem sollten sie auch eintragen, welche Medikamente die Betreuten tatsächlich einnahmen. Besonders, wenn die Betreuten von verschiedenen Arztpraxen oder Krankenhäusern Medikationslisten bekamen, gab es große Unterschiede dabei, welche sie befolgten. „Pflegekräfte, die ins Haus kommen, haben eine besondere Chance – sie können wirklich sehen, welche Medikamente ihre Patientinnen und Patienten nehmen“, betont Clark.
Deutlich weniger Klinikeinweisungen nach zehn Wochen
Das Ergebnis war beeindruckend: Innerhalb von zehn Wochen sank die Zahl der Krankenhauseinweisungen bei Hochrisiko-Herzpatienten von 23,4 Prozent auf 11,4 Prozent. Besonders auffällig war der Effekt bei denjenigen, die zwei oder mehr nicht abgeglichene Medikamente einnahmen. Zu Beginn der Studie hatten diese Personen ein dreimal so hohes Risiko, innerhalb von 30 Tagen ins Krankenhaus zu müssen.
Langfristiger Erfolg
Auch langfristig zeigte sich ein Erfolg: Über einen Zeitraum von 17 Monaten ging die Zahl der Wiedereinweisungen bei allen betreuten Patientinnen und Patienten von 13,55 Prozent auf 11,9 Prozent zurück – ein Hinweis darauf, dass die Verbesserungen nachhaltig wirkten. Clark schlussfolgert: „Wenn Apotheker in Pflegeteams eingebunden sind und Qualitätsverbesserungen leiten dürfen, kann das die Versorgung spürbar verbessern.“
Quelle: DOI 10.1097/NHH.0000000000001377
In Deutschland: Erweiterte Medikationsberatung zur Polymedikation
Viele Apotheken bieten besondere Medikationsberatungen an. Denn wer fünf oder mehr Medikamente gleichzeitig auf Dauer vom Arzt verordnet bekommen hat, hat einmal im Jahr Anspruch auf eine erweiterte Medikationsberatung zur Polymedikation. Bei dieser Beratung handelt es sich um eine Pharmazeutische Dienstleistung. Der Service ist für Betroffene kostenlos.