Dass Männer depressive Symptome rund um die Geburt des Kindes entwickeln, ist keine Seltenheit: Etwa jeder zehnte Vater erlebt die „paternale postpartale Depression“ kurz vor oder nach der Geburt ihres Kindes, so Dr. Adam Borland, Psychologe an der Cleveland Clinic in den USA. Er bezieht sich auf eine Studie von 2010.
Symptome der postpartalen Depression bei Männern
Oft würden Männer mit Depressionen als wütend, gereizt oder mürrisch angesehen, denn nicht immer äußert sich Depression als Traurigkeit, betont Borland. Typische Anzeichen sind:
- Generelle Stimmung: Frustration, Mutlosigkeit, Zynismus, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit oder Überforderung
- Verlust von Interesse an Arbeit oder Hobbys
- Längere Arbeitszeiten
- Rückzug von der Familie und Freunden
- Müdigkeit, Erschöpfung oder Konzentrationsschwierigkeiten
Allerdings braucht es Zeit, sich auf einen Säugling einzustellen. Es ist normal, dass sich der Prozess auf die Stimmung auswirkt. Sollten die Symptome aber länger als zwei bis drei Wochen andauern, ist es Zeit, sich Hilfe zu suchen.
Holen Sie sich Hilfe
Schwere Depressionen können zu Gedanken der Selbstverletzung führen. Sollten Sie solche Gedanken haben, suchen Sie sich bitte Hilfe – zum Beispiel bei der Telefonseelsorge (08001110111 oder 08001110222). Sie bietet Unterstützung auch per Chat an.
Was kann man tun?
Borland empfiehlt Basis-Maßnahmen für die seelische Gesundheit:
- Regelmäßig essen
- Genug bewegen
- Ruhe: Natürlich kann das mit einem Säugling schwierig sein, aber auch ein kurzes Nickerchen kann viel für die Stimmung bewirken.
- Auf Alkohol, Glücksspiel und riskantes Verhalten verzichten
- Über Gefühle sprechen mit einer Person, die zuhört, ohne zu verurteilen. Das können Menschen aus dem Familien- oder Freundeskreis sein.
Männliche Wochenbettdepression ist behandelbar. Therapie, Gespräche und möglicherweise Medikamente können die Lebensqualität deutlich verbessern.
Was verursacht postpartale Depression bei Männern?
Der Psychologe stellt klar: Die väterliche, postpartale Depression ist kein Zeichen mangelnder Liebe zum Baby, zum Partner oder zur neuen Lebensweise, die man gerade entwickelt. Die Geburt eines Babys kann allerdings Einfluss auf die Hormone haben: So wurde etwa in einer Studie festgestellt, dass der Testosteronspiegel nach der Geburt sinkt. Das kann die Bindung zum Baby fördern, aber auch depressive Symptome begünstigen. Zudem ändert sich das Leben von einem Moment auf den anderen stark.
Dazu kommen oft psychische Belastungen:
- Das Gefühl, von der Bindung zwischen Mutter und Kind ausgeschlossen zu sein.
- Starker Druck, der „Versorgerrolle“ gerecht zu werden
- Schuldgefühle, wenn die Freude über das Baby ausbleibt
- Schlafmangel, der die Stimmung zusätzlich verschlechtert
- Eine Vorgeschichte von Depressionen oder wenn die Partnerin Symptome einer postpartalen Depression hat
Borland erinnert daran: „Es gibt nichts Beschämendes oder Peinliches an einer männlichen, postpartalen Depression. Vaterschaft ist eine riesige, neue Aufgabe mit Überstunden und ohne Bezahlung und das verdient Unterstützung.“
Quelle: Clevelandclinic.org