Antibiotika-Einsatz bei Erwachsenen nicht gesunken

16.11.2015

Ärzte verordnen trotz der zunehmenden Resistenzen immer noch zu häufig Antibiotika. Lediglich bei Senioren und Kindern ist die Zahl gesunken. Sorgen bereitet Wissenschaftlern vor allem der gestiegene Einsatz eines Antibiotikums, das nur bei besonders schweren Infektionen verordnet werden sollte.
Die häufige Gabe von Antibiotika bereitet Wissenschaftlern Sorge. image.originalResource.properties.copyright

Zum bevorstehenden Europäischen Antibiotika-Tag am 18. November legen die Wissenschaftler vom Versorgungsatlas eine aktuelle Trendanalyse zum ambulanten Antibiotika-Einsatz in Deutschland vor. Demnach haben niedergelassene Ärzte 2014 bei Kindern und Jugendlichen signifikant weniger Antibiotika verordnet als 2008. Leicht rückläufig ist der Einsatz von Antibiotika auch bei älteren Menschen jenseits des 70. Lebensjahres, vor allem in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Bei der großen Altersgruppe der 15-69-Jährigen griffen Ärzte unverändert häufig zum Rezeptblock. Deutlich sind auch regionale Unterschiede bei den Verordnungshäufigkeiten: Generell verordnen die Ärzte in den alten Bundesländern, insbesondere in Westdeutschland, mehr Antibiotika als in den neuen.

Kritisch sehen die Forscher vor allem den bundesweit gestiegenen Einsatz der sogenannten Cephalosporine bei Erwachsenen und Senioren. Diese gelten wegen ihres breiten Wirkungsspektrums als Reservegruppe, die schweren Infektionen vorbehalten sein sollte. „Diese Antibiotika gelten als eine der Ursachen für die Entwicklung von Multiresistenzen, denen unbedingt entgegengewirkt werden muss. Ein statistisch signifikanter Verordnungsanstieg bereitet uns daher große Sorge“, erklärt der Allgemeinmediziner und Infektiologe Dr. Jörg Bätzing-Feigenbaum, Leiter des Versorgungsatlas und Erstautor der aktuellen Trendanalyse. Veränderten Leitlinien der Urologen und Allgemeinmediziner könnte hingegen der rückläufige Einsatz von Fluorchinolonen bei älteren Patienten zu verdanken sein. Fluorchinolone gelten als Hauptverursacher von schweren Infektionen mit dem Bakterium Clostridium difficile, das in einigen Fällen tödlich verlaufende Infektionen verursacht. „Unsere Analysen liefern zwar keine Erklärung für die teilweise sehr deutlichen regionalen Unterschiede bei der Verordnung von Antibiotika“, so Bätzing-Feigenbaum. „Sie zeigen aber, in welchen Regionen besonderer Handlungsbedarf besteht. Der Atlas bietet Anhaltspunkte dafür, wo die Bevölkerung besonders aufgeklärt und Ärzte bei der sachgerechten Verordnung von Antibiotika unterstützt werden müssen.“ Die Wissenschaftler haben bei ihrer Analyse die Arzneiverordnungsdaten von 2008 bis 2014 aus Arztpraxen ausgewertet.

NK