Warum klingen manche Schmerzen rasch ab, während andere dauerhaft bleiben? Eine neue Studie gibt darauf eine überraschende Antwort: Unser Gehirn verfügt über eine natürliche „Bremse“, die Schmerzsignale bei akuten Schmerzen dämpft. Doch bei chronischen Schmerzen versagt genau dieser Mechanismus – und das hat weitreichende Folgen.
Im Zentrum der Entdeckung steht eine kleine Region im Hirnstamm, in der spezielle Nervenzellen wie ein Schaltzentrum für Schmerzen agieren. Normalerweise reduzieren diese Zellen bei akuten Entzündungsschmerzen ihre Aktivität. Dadurch gelangen weniger Schmerzsignale ins Gehirn – eine Art Schutzfunktion des Körpers. Sobald die Entzündung abklingt, kehren die Zellen in ihren Normalzustand zurück.
Bei chronischen Schmerzen schaltet das System auf Daueralarm
Anders sieht es bei chronischen Schmerzen aus: Statt sich zu beruhigen, werden die Nervenzellen überaktiv. Sie senden sogar mehr Schmerzsignale als zuvor. Das bedeutet: Die natürliche Bremse funktioniert nicht – und der Schmerz bleibt bestehen.
Die Forschende der Hebräischen Universität Jerusalem identifizierten auch einen entscheidenden biologischen Schalter: Kalium-Ionen. Bei akuten Schmerzen fließen sie in die Nervenzellen und wirken wie ein natürliches Beruhigungsmittel für die Schmerzbahnen. Bei chronischen Schmerzen jedoch bleibt dieser Effekt aus. Die Folge: Die Zellen feuern ungehindert weiter.
Neue Hoffnung für Therapien gegen chronische Schmerzen
„Dies ist das erste Mal, dass wir gesehen haben, wie sich dieselben Neuronen bei akuten und chronischen Schmerzen so unterschiedlich verhalten“, erklärt Studienautor Prof. Binshtok. Die Entdeckung könnte ein neuer Ansatzpunkt für Behandlungen sein. Ziel wäre es, die natürliche Schmerz-Bremse wiederherzustellen oder zu imitieren, um chronische Schmerzen zu verhindern.
Quelle: DOI 10.1126/sciadv.adr3467