Herausforderung Landapotheke

Immer mehr Apotheken auf dem Land müssen schließen.

Eine Apotheke vor Ort zu haben, ist keine Selbstverständlichkeit.
Autorin Katrin Schmitt (rechts) hat sich den Alltag in der Aesculap Apotheke in Melsungen angeschaut.
© Katrin Schmitt

Zielstrebig, mit Lachfältchen um Mund- und Augenpartie, eilt Claudia Wegener vom Handverkaufstisch an der gläsernen Durchreiche der Rezeptur vorbei in einen Nebenraum. "Das ist ein klassisches Beispiel für die Nachbearbeitung, die bei einigen Rezepten auf uns zukommt", erklärt sie mir. "Auf dem Betäubungsmittelrezept fehlt eine Angabe, die der Arzt ergänzen muss. Ohne diese Änderung erstattet uns die Krankenkasse den Arzneimittelpreis nicht", ergänzt Wegener.

Im Kern der Kleinstadt

Sie gehört zu 15 Mitarbeitern der Aesculap Apotheke in Melsungen. Der Ort liegt im Fuldatal in einer ländlichen Region Nordhessens. Im Kern der Kleinstadt erheben sich anmutig gepflegte Fachwerkhäuser. In der Bahnhofsstraße geht es weniger gemächlich zu. Ein großer Geländewagen rauscht vorbei, als sich die automatische Glasschiebetür öffnet. Hierher kommen überwiegend Stammkunden.

Kindergebrabbel macht sich im modernen, aber gemütlichen Verkaufsraum breit. Zwei Kinderwagen finden großzügig Platz. Haut- und Kinderärzte nebenan beeinflussen sowohl die Kundschaft als auch die Produktpalette. Hannah, ein Mädchen mit großen, runden Augen und vollen schwarzen Locken, stürmt aufgeregt auf die Spielecke zu. Die Mutter hat nun Zeit für eine ausführliche Beratung getreu dem Apotheken-Leitbild: Zeit für Ihre Gesundheit!

Viel Einfühlungsvermögen gefragt

"Eine gute Beratung fordert viel Zeit und Einfühlungsvermögen, man muss im Gesicht des Kunden lesen können und die Stimmung des Patienten wahrnehmen. Das schafft man nur im persönlichen Gespräch", verrät Wegener. Dazu passt der abgetrennte Beratungsraum. Hier misst das Apothekenpersonal Stützstrümpfe und Bandagen an, demonstriert aber auch, wie man Asthma-Inhalatoren richtig benutzt.

Eva Seitz, die Inhaberin, hat die Apotheke vor 25 Jahren von ihrem Vater übernommen, der dort Infusionslösungen für eine große Firma im Ort herstellte. "Mit den mittelständischen Unternehmen kommen noch heute viele junge Familien in die Stadt und damit Arbeitskräfte und Kunden. Deshalb haben wir weniger Schwierigkeiten, Personal zu finden, aber einen Ort weiter, in Malsfeld, sieht es ganz anders aus. Damit dort die Arzneimittelversorgung aufrechterhalten werden kann, wurde eine Rezeptsammelstelle eingerichtet", verdeutlicht Seitz die Lage. Die dortige Apothekerin fand weder einen Vertreter für die häufigen Notdienste noch einen Käufer für ihre Apotheke. Sie musste diese daher schließen.

Immer weniger Apotheken

So wie der Apothekerin in Malsfeld geht es vielen Apotheken auf dem Land. Im August 2017 gab es laut Berichten der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. mit 19 880 Apotheken so wenige Apotheken wie zuletzt kurz vor der Wende in beiden deutschen Bundesgebieten. So dauert es länger, bis Patienten ihre Medikamente erhalten. Es belastet auch die verbleibenden Apotheker durch mehr Nacht- und Notdienste.

Die Apothekerinnen Seitz und Wegener stellen fest: "Wir haben alle acht Tage Nacht- und Notdienst." Das macht zusammen 45 Nächte beziehungweise Feiertage im Jahr. In zentraler Lage in München stellt eine Apotheke nur 14 Mal im Jahr den Notdienst!" Als ich mich verabschiede, fällt mir noch ein: "Was ist eigentlich aus dem Medikament für die Patientin geworden, deren Rezept falsch ausgestellt wurde?" "Ich habe mit dem Arzt telefoniert, um mit ihm die notwendige Änderung zu besprechen. Und der Patientin dann die Schmerzampullen schon abgegeben, weil sie sie dringend braucht", ergänzt Wegener entschieden.

Pharmazeutin Katrin Schmitt

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