Geburt: Bei jedem Kind verläuft sie anders

Werdende Eltern haben viel Zeit, sich über das Wo und Wie der Geburt Gedanken zu machen. Gisela Schneider ist Beleghebamme am Frankfurter Marienkrankenhaus und arbeitet seit 15 Jahren in ihrem Beruf. Im Gespräch mit der Neuen Apotheken Illustrierten erzählt sie, was wirklich wichtig beim Gebären ist.

Können sich Frauen auf die Geburt vorbereiten?

Schneider: Beim ersten Kind ist ein Geburtsvorbereitungskurs sehr hilfreich. Die Geburt kann man zwar vorher nicht üben, aber die Frau kann hier einiges lernen, zum Beispiel wie wichtig das Atmen während der Wehen ist. Auch der Mann sollte sich mit dem Thema Geburt auseinandersetzen. Viele sind sonst überfordert, da sie ihre Frau noch nie in solch einer extremen Situation erlebt haben.

Kann man eine Geburt planen?

Schneider: Ich habe in meinen 15 Jahren Berufserfahrung noch keine Geburt erlebt, die vom Ablauf her mit einer anderen zu vergleichen war. Während der Wehen leben Frau und Hebamme immer nur für die nächsten fünf Minuten. Zu viel Kontrolle und Planung ist schlecht. Gebären heißt, die Kontrolle abgeben, sich seinem Körper hingeben und den Kopf ausschalten.

Was können die Eltern vorher festlegen?

Schneider: Schon früh in der Schwangerschaft kann sich die Frau für eine Hebamme entscheiden. Sie steht bei allen Fragen während und nach der Schwangerschaft zur Seite, übernimmt zum Teil die Vorsorge- und die Nachuntersuchungen. Eine Beleghebamme begleitet darüber hinaus die Gebärende ins Krankenhaus und während der ganzen Geburt. Im Krankenhaus dagegen wechseln die Hebammen je nach Diensteinteilung sogar unter der Geburt. Außerdem ist selten eine Hebamme ausschließlich für eine Schwangere da. So ist die Frau öfter auf sich allein gestellt. Der Mann oder ein anderer vertrauter Begleiter kann dann sehr hilfreich sein.

Wie hilft die Hebamme?

Schneider: Sie stärkt die Frau, damit sie das Kind aus eigener Kraft gebären kann. Sie erkennt außerdem Situationen, die medizinische Hilfe notwendig machen. Dabei gilt aber, nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Die Geburt ist ein natürlicher Vorgang, und jede Frau geht ihren eigenen Weg. Ich bevorzuge das Gebären in der Badewanne. Die Frau kann hier entspannter mit den Schmerzen umgehen und durch den Wasserauftrieb leichter die Positionen wechseln. Für das Kind ist es ein sanfterer Übergang ins Leben.

Womit kann man die Geburtsschmerzen lindern?

Schneider: Akupunktur, Massagen oder homöopathische Mittel gehören zu den sanften Methoden. Daneben gibt es noch stärkere Schmerzmittel, auf die im Geburtshaus aber zum Beispiel verzichtet wird. Auf der letzten Stufe der Schmerztherapie steht die Periduralanästhesie (PDA). Dabei legt ein Anästhesist einen rückenmarksnahen Katheter in einen Zwischenwirbelkanal. Über den Katheter können Schmerzmittel und Lokalanästhetika, also lokal wirksame Betäubungsmittel, individuell dosiert und verabreicht werden.

Was passiert nach der Geburt?

Schneider: Wenn Kind und Frau fit sind, sollte das Kind so wenig wie möglich von der Mutter getrennt werden. Die erste gemeinsame Stunde wird auch als Bindungsphase bezeichnet. Das Kind liegt auf dem Bauch der Frau, sucht und findet die Brust meist von selbst. Erst danach wird das Baby gewogen, vermessen und seine Reflexe, Atmung, Herztöne, Muskelspannung, Hautfarbe und Gliedmaßen kontrolliert. Der Kreislauf der Mutter wird überprüft, ein eventueller Dammriss versorgt und die Nachgeburt auf Vollständigkeit kontrolliert. Wenn Mutter und Kind wohlauf sind, können sie wenige Stunden nach der Geburt das Krankenhaus verlassen. Mit geeigneter Betreuung kann sich die Frau zu Hause meist besser erholen, und auch das Kind fühlt sich durch die vertrauten Umgebungsgeräusche wohler.

Viele Frauen entscheiden sich für eine Geburt per Kaiserschnitt. Welche Vor- beziehungsweise Nachteile hat er gegenüber einer spontanen Geburt?

Schneider: Der Kaiserschnitt hat durchaus seine medizinische Berechtigung, zum Beispiel wenn die Geburt zum Stillstand kommt oder die Herztöne des Kindes schwächer werden. Der Kaiserschnitt ist aber eine große Bauchoperation, die mit Komplikationen einhergehen kann. Während des Kaiserschnitts spürt die Frau zwar keine Schmerzen, dafür dauert die Genesung länger als nach einer spontanen Geburt. Außerdem zeigen Studien, dass spontan geborene Kinder bei der ersten Untersuchung bessere Werte aufweisen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Apothekerin Christina Brunner.

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