Lithium gegen Alzheimer? Forschung sieht Grund zur Hoffnung

Pharmazeutische Zeitung Daniela Hüttemann  |  08.08.2025 11:41 Uhr

Ist Lithium bei der Entstehung von Alzheimer beteiligt? Im Mäuseversuch verbesserte die Gabe eines Lithiumsalzes die geistigen Leistungen und schützte vor Symptomen. Klinische Studien zu Wirksamkeit und Sicherheit fehlen jedoch noch.

Eine ältere Dame blickt hoffnungsvoll nach draußen.
Hoffnung bei Alzheimer-Demenz: Eine Studie gibt Hinweise darauf, dass Lithium zur Prävention und Therapie eingesetzt werden könnte.
© Jacob Wackerhausen/iStockphoto

Lithium bei Alzheimer-Demenz: Das ist kein neuer Ansatz. Eine Forschungsarbeit fördert nun Hinweise zutage, dass Lithium womöglich präventiv und therapeutisch eingesetzt werden könnte. Das chemische Element könnte nämlich bei der frühen Entstehung der Alzheimer-Demenz beteiligt sein. 

Forschende um Liviu Aron von der Harvard Medical School in Boston, USA, haben menschliches Hirngewebe untersucht und eine Reihe von Experimenten an Mäusen zu Lithium und Alzheimer durchgeführt. Sie zeigten nicht nur zum ersten Mal, Lithium natürlicherweise im Gehirn vorkommt, sondern dass es dort auch eine wichtige physiologische Rolle übernimmt.

Das Team fand jedoch deutlich geringere Lithiummengen in den von Alzheimer betroffenen Hirnregionen als in den unbeteiligten Bereichen. Bei Gewebeproben von Menschen mit geringer kognitiver Einschränkung – eine Vorstufe von Alzheimer – stellte es fest: Lithium war in Amyloid-Plaques, für Alzheimer typische Ablagerungen, eingebunden. So war weniger Lithium für physiologische Prozesse verfügbar. 

Teufelskreis: Weniger Lithium bedeutet mehr Plaques, führt zu weniger Lithium

In Mäuseversuchen entdeckte das Team: Fehlt Lithium, lagern sich mehr solche Amyloid-Plaques ab und sogenannte Tau-Protein sammeln sich an. Zudem werden Nervenverbindungen geschädigt und Entzündungsprozesse verstärkt. Es entstand ein Teufelskreis: Weniger Lithium führte zu mehr Plaques, die wiederum Lithium banden. Die betroffenen Mäuse zeigten einen beschleunigten kognitiven Niedergang, schreibt das Autorenteam diese Woche im Fachmagazin »Nature«.

Welche Form von Lithium hilft besser?

In Deutschland ist in den Medikamenten gegen psychatrische Indikationen wie der bipolaren Störung Lithiumcarbonat enthalten. In vielen Studien zu Lithiumwirkung bei Demenz haben die Forschungsgruppen auch diese Form verwendet. Allerdings schließen die Amyloid-Plaques auch vor allem Lithiumcarbonat ein – eine andere Form, Lithiumorotat, weniger. 

Gab das Forumschungsteam um Liviu Aron Mäusen geringe Dosen Lithiumorotat, konnte es damit die pathologische Entwicklung und Gedächtnisverluste verhindern. Mit Lithiumcarbonat funktionierte das nicht so gut. Und: Die Forschenden stellten keine toxischen Effekte fest – dabei gilt Lithium als Medikament mit sehr geringer therapeutischer Breite.

Bahnbrechender Ansatz für Prävention und Therapie

Das Autorenteam folgert: Lithium hat physiologische Wirkungen im Gehirn; eine Störung im Gleichgewicht des Lithium-Spiegels könnte ein früher Bestandteil in der Entstehung der Alzheimer-Demenz sein. Es hofft, dass eine Lithium-Substitution in der Form, wie sie nicht von den Plaques aufgenommen wird, ein möglicher Ansatz für Prävention und Therapie von Alzheimer sein könnte. 

Professor Dr. Ashley Bush, Neurowissenschaftler an der Universität Melbourne in Australien, der nicht an der Studie beteiligt war, betont gegenüber „Nature“: „Das ist bahnbrechend“. Der Ansatz mit Lithium dagegen ziele nämlich auf alle wichtigen Mechanismen von Alzheimer ab. 

Allerdings: Studien mit Menschen fehlen noch. Zudem kann das chemische Element Lithium nicht patentiert werden, sodass die Forschung wohl auf die Unterstützung aus öffentlicher Hand angewiesen wäre. 

Vorsicht: Lithiumorotat in der EU nicht verkäuflich!

Von einer experimentellen (Selbst-)Medikation ist vorerst dringend abzuraten. Die zugelassenen Lithiumcarbonat-Präparate für die Psychiatrie sind hoch dosiert. Niedrig dosiert ist das Element (meist als Lithiumorotat) als Nahrungsergänzungsmittel im Internet zu finden, wo es mitunter als Neuroprotektivum beworben wird.

Die Verbraucherzentrale weist jedoch auf ihrer Internetseite darauf hin, dass Nahrungsergänzungsmittel mit Lithiumorotat weder in Deutschland noch in einem anderen EU-Mitgliedstaat verkauft werden dürfen. »Der Verkauf als Nahrungsergänzungsmittel ist eine Straftat und zeugt nicht von der Seriösität eines Händlers.« Eine klinische Wirksamkeit ist wie beschrieben noch nicht eindeutig belegt, und auch in niedrigen Dosierungen sind Nebenwirkungen zu erwarten. 

DOI: 10.1038/d41586-025-02471-4

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