Medikamente verändern die Darmflora stärker als gedacht

ZOU | 10.12.2021

Erkrankungen des Stoffwechsels und des Herz-Kreislauf-Systems sind weit verbreitet, und Betroffene nehmen für die Behandlung über Monate oder Jahre oft mehrere Medikamente täglich ein. Ein europäisches Forschungsteam zeigt, dass viele gängige Medikamente die Darmflora stark verändern – manche sogar zum Positiven.
Viele Medikamente nehmen regelmäßig Medikamente ein, die sich auf die Darmflora auswirken. image.originalResource.properties.copyright

Die Forscher haben untersucht, ob 28 gängige Medikamente und einige Kombinationen davon die Darmflora verändern. Viele davon wirken sich negativ auf die Zusammensetzung und den Zustand der Darmbakterien aus, beispielsweise Antibiotika. Besonders, wenn Patienten über fünf Jahre mehrmals Antibiotika einnahmen, war ihre Darmflora weniger gesund und es gab auch zunehmend Anzeichen für eine Antibiotikaresistenz.

Andere Medikamente, darunter Acetylsalicylsäure (ASS), können einen positiven Einfluss auf die Darmflora haben. Das galt auch für Diuretika plus Betablocker, die bei Herzkrankheiten und Bluthochdruck eingenommen werden. Das Diabetes-Medikament Metformin dagegen förderte die Vitamin-B12-Aufnahme der Darmbakterien, was zu niedrigeren Spiegeln beim Menschen führte. Wer Säureblocker gegen Sodbrennen einnahm, hatte mehr Bakterien der Mundflora im Darm, vermutlich durch die verringerte Magensäure-Produktion. „Wir haben festgestellt, dass Medikamente eine stärkere Wirkung auf das Wirtsmikrobiom ausüben können als Krankheit, Ernährung und Rauchen zusammen“, stellte Prof. Dr. Peer Bork vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg fest. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Man weiß, dass die Bakteriengemeinschaft im Darm – auch Mikrobiom genannt – den Gesundheitszustand eines Patienten widerspiegelt und ein Indiz für die Schwere von Krankheiten sein kann. Dabei wird jedoch oft nicht beachtet, dass die Medikamente, die zur Behandlung einer Krankheit eingesetzt werden, die Zusammensetzung des Mikrobioms ebenfalls beeinflussen. Unter Berücksichtigung verschiedener Störfaktoren haben die Forscher eine statistische Methode entwickelt, mit der sich die Auswirkungen von Medikamenten und Krankheiten getrennt bestimmen lassen.

Quelle: DOI 10.1038/s41586-021-04177-9