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16.06.2025 13:40 Uhr
Was ist Oxytocin – und warum tut es uns gut?
Oxytocin ist ein Hormon, das häufig als „Kuschelhormon“ oder „Bindungshormon“ bezeichnet wird. Es wird im Gehirn ausgeschüttet und wirkt beruhigend, angstlösend und schmerzlindernd. Zudem stärkt es das Immunsystem und fördert soziale Bindungen. Normalerweise wird Oxytocin bei Umarmungen, Küssen, beim Streicheln oder während des Geschlechtsverkehrs freigesetzt. Auch Musikgenuss – besonders live – kann das Hormon messbar steigern.
Studie: Konzertbesuch als Oxytocin-Booster
Ein wissenschaftliches Experiment bei den Dresdner Musikfestspielen brachte Überraschendes zutage. Beim Abend der Reihe „Sound & Science“ untersuchten Forscher die hormonelle Reaktion von Konzertbesuchern – mit bemerkenswerten Ergebnissen: Das Musikerlebnis ließ die Oxytocinwerte sowohl im Publikum als auch bei den Musikern deutlich ansteigen.
„Musik ist sogar besser als Küsse oder Sex“, sagt Intendant Jan Vogler. In manchen Fällen lag der Anstieg des Hormons sogar über den Werten, die in früheren Studien nach einem intensiven Kuss oder Geschlechtsverkehr gemessen wurden.
Zahlen, die beeindrucken: So stark wirkt Musik
Die konkreten Messergebnisse sprechen für sich:
- Publikum: Vor dem Konzert lag der durchschnittliche Oxytocinwert bei 37,54 Pikogramm pro Milliliter (pg/ml). Nach dem Musikgenuss stieg dieser auf beeindruckende 203,17 pg/ml – ein Anstieg um mehr als das Fünffache.
- Musiker: Auch hier war der Effekt deutlich. Während einfache Umarmungen untereinander kaum Veränderungen zeigten, führte das gemeinsame Musizieren zu einem durchschnittlichen Anstieg von 88,49 pg/ml.
Zum Vergleich: Eine 20-sekündige Umarmung mit dem Partner erhöht den Oxytocinspiegel typischerweise nur um 3 bis 5 pg/ml. Selbst intensiver Körperkontakt liegt meist im Bereich von 50 bis 150 pg/ml.
Verbundenheit spürbar – und messbar
Viele Konzertbesucher berichteten im Anschluss von einem tiefen Gefühl der Verbundenheit – nicht nur mit den Künstlern auf der Bühne, sondern auch mit dem Publikum um sie herum. Besonders intensiv war dieser Effekt bei Zuhörern und Zuhörerinnen, die die Musik als emotional, ausdrucksstark oder besonders ästhetisch empfanden.
Professor Dr. Clemens Kirschbaum von der TU Dresden, der das Experiment leitete, resümiert: „Gemeinsames Musizieren kann biologisch tiefgreifender verbinden als eine Umarmung.“ Für die Forscher und die Intendanz ist damit klar: „Musik schafft Verbindung – messbar im Körper, spürbar im Herzen.“